Willkommen an der Universität! Auf diese Botschaft hoffen alle Bewerber

Willkommen an der Universität! Auf diese Botschaft hoffen alle Bewerber.[media-credit name="Lukas Ruge" align="aligncenter" width="645"] 

„Ich habe mich in Lübeck beworben, weil es hier sehr familiär sein soll.“ Diese Aussage konnte man bei den Auswahlgesprächen der Hochschule des Öfteren hören, auch wenn sich manch ein Dozent dessen gar nicht bewusst war. Auch der Aufwand, der für diese Gespräche in Anspruch genommen wird, wurde von vielen Bewerbern gelobt. Aber wie viel Organisation es wirklich braucht und wie es sich anfühlt, wenn man auf der anderen Seite des Kommissionstisches sitzt, durfte ich am eigenen Leib erfahren.

Manch einer hat vielleicht noch gar nichts von diesen Auswahlgesprächen gehört, besonders da diese für Nicht-Medizinstudenten keine Rolle im Bewerbungsverfahren spielen. Aber die insgesamt 120 Medizinanwärter, die mit einem Abiturnotendurschschnitt bis 1,9 direkt die Möglichkeit bekommen, ein Medizinstudium zu beginnen, auch wenn die Abiturnote eigentlich „zu schlecht“ ist, sehen diese als große Chance. Denn kaum eine andere Universität gibt sich so viel Mühe, was ebenfalls eine beliebte Antwort auf die Frage „Warum haben Sie sich gerade in Lübeck beworben?“ war.

Der Ablauf dieser Veranstaltung wirkt auf den ersten Blick etwas verwirrend. Denn die Studienplätze werden zentral von hochschulstart.de vergeben, allerdings darf jede Hochschule 60% der Bewerber über ein eigenes Verfahren zulassen. Die einfachste und häufigste Lösung ist, diese Prozentzahl ebenfalls nur über die Abiturnote zu vergeben, weshalb der Numerus Clausus sehr abschreckend wird. In Lübeck gibt es allerdings ein Auswahlverfahren, das diesen Namen auch wirklich verdient. Es wurden von den 1675 Bewerbern, die dieses Jahr Lübeck als 1. Ortspräferenz angaben, zunächst 240 für persönliche Gespräche ausgewählt. Diese Anzahl wird zwar ebenfalls nach ihrem Schnitt ausgewählt, allerdings haben die Bewerber im Vorfeld die Möglichkeit, diesen – eigens für diese Auswahl – zu verbessern. Sowohl mit einer abgeschlossenen Ausbildung im Medizinischen Bereich (z.B. Gesundheits- und Krankenpfleger oder Rettungssanitäter), als auch einer Note von 2,5 und besser im Test für Medizinische Studiengänge (kurz: TMS), der in ganz Deutschland angeboten wird, kann die Abiturnote jeweils um 0,4 verbessert werden. In diesem Jahr bekamen somit Abiturienten mit der Note 1,9 und besser in Lübeck eine Chance.

Doch nicht nur Bewerber werden gebraucht, denn es muss auch eine möglichst reibungslose Organisation und genügend Kommissionen geben. Linda Brüheim und Karin Sievers kümmerten sich dieses Jahr mit viel Engagement um diese Aufgabe. Ein kleiner Teil dieser Arbeit macht die Suche nach Hochschullehrern und Studenten aus, die sich bereit erklären, zwei volle Tage während der vorlesungsfreien Zeit zu opfern. Gerade bei den Studenten scheint es kein großes Problem zu sein, da der Anlauf jedes Jahr mehr als ausreichend ist. Also allein die Mitglieder der Kommissionen werden durch ein kleines Auswahlverfahren – wenn es auch „nur“ ein Losverfahren ist – gefunden. Nach einem Vortreffen, wo die wichtigsten Dinge erläutert werden und der Einladung zu einem Probeinterview, bei dem man sich mit dem Ablauf und den Fragen vertraut machen kann, fühlt man sich auch als Neuling angenehm vorbereitet und konnte entspannt den Tagen entgegenblicken.

Erwartungsvoll, gut gelaunt und auch etwas nervös sah ich dann dem 14. August 2013 entgegen, dem ersten Tag der Auswahlgespräche. Die 24 Studenten, die bei dem Verfahren als Helfer auserkoren waren, wurden an den Tagen unterschiedlich eingeteilt. Einen Tag widmete man sich der Organisation und den anderen der Kommission. Damit es auch in der Organisation nicht eintönig wird, gibt es hier nochmal unterschiedliche Bereiche: Empfang der Bewerber, Sortieren der abgegebenen Lebensläufe und anschließendes Verteilen in den Kommissionen und Dateneingabe der Bewertungszahlen. Durch das einmalige Rotieren nach der Mittagspause konnte man sich in zwei dieser Bereiche austoben, wobei ich diese Arbeit eher als langatmig gesehen habe, denn durch die 45 Minuten, die für jeden Bewerber eingeplant sind, entstehen häufiger recht lange Pausen, die man als Student aber zu füllen weiß. Nach einem langen Tag und einiges an Erfahrung reicher, freute ich mich nun tatsächlich auf das frühe Aufstehen am nächsten Morgen, denn jetzt konnte ich mich endlich in die Kommission setzen und 10 Studienbewerber beurteilen. Dass dadurch ein kleines Gefühl der Macht entstand, kann man mir sicherlich nicht negativ anrechnen. Jetzt hieß es nur noch einen kühlen Kopf bewahren und an alle Tipps, Tricks und Pflichten zu halten, die mir mit auf den Weg gegeben wurden. Allerdings darf man auch den Druck nicht vergessen, der auf einem lastete. Immerhin wurde man dafür „ausgebildet“, dass man unvoreingenommen und realistisch an das Wohl der Universität denkt. Dementsprechend musste man sich selbst nach jedem Kandidaten fragen: passt er zu unserer Universität und würde ich ihn gerne in meinem Studiengang haben wollen? Je nachdem wie die Antwort auf diese Fragen ausfiel, durfte man sich dann auf einem eigens für diese Veranstaltung erstellten Bewertungsbogen verewigen. Das versehentliche Auslassen einer Bewertung oder vergessene Unterschriften waren die häufigsten Gründe dafür, dass die Studenten aus der Organisation genau diese Bögen wieder zurückbringen mussten und meistens die vergesslichen Hochschullehrer auf das Fehlende hinwiesen. Sätze wie „Ach, Herr Professor, sie haben schon wieder die Unterschrift vergessen, so geht das aber nicht!“ waren keine Seltenheit und kehrten zumindest für diese beiden Tage die Rollenverteilung an der Universität ein wenig um. Denn auf einmal wurden die Dozenten kontrolliert und immer und immer wieder auf ihre „Schusselfehler“ hingewiesen. Dies darf man wohl als eine seltene Gelegenheit betrachten, die man sich als Student auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

Zusammenfassend lässt sich für mich sagen, dass diese Veranstaltung mit viel Engagement und Liebe zum Detail von allen Beteiligten organisiert und durchgeführt wurde. Die Reaktionen der Teilnehmer zeigten, dass dies sehr geschätzt wird (mit einer Schulnote von 1,8). Für die Bewerber selbst hat sich das Verfahren gelohnt, denn es wurden viele zugelassen, die es nicht geschafft hätten, wenn nur die Abiturnote gezählt hätte. Das beweist, dass diese Veranstaltung einem guten Zweck dient und diesen auch ohne Ausnahme erfüllt. Nun stellt sich abschließend vielleicht noch die Frage, was der eigentliche Lohn für die Anstrengungen ist. Abgesehen vom Spaß, den ungezwungenen Kontakten mit Hochschullehrern und weiteren -mitarbeitern und der einzigartigen Erfahrung gab es noch eine andere Sache, die jedes Studentenherz höher schlagen ließ: lecker belegte Brötchen en masse in den Mittagspausen! Alles zusammengenommen wohl Entlohnung genug.

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