Kürzlich haben einige Heidelberger Psychologen um Monika Sieverding auch offiziell präsentiert, was den meisten Studenten schon längst klar ist: Studieren ist anstrengend, vor allem im neuen Bachelor/Master-System. Umso wichtiger ist es deswegen, sich zwischen Übungszetteln und Praktika, Famulaturen und Nachklausuren die Zeit zu nehmen, die Bücher einfach mal liegen zu lassen, wegzufahren und abzuschalten. Ob es dabei nur für ein paar Tage auf ein Festival oder bei einem Städtetrip jede Nacht auf eine andere Couch geht, ob man über den Universitätsaustausch mitten im Semester günstig wegfährt oder ob man sich gleich von einer Austauschorganisation einen Flug in die USA bezahlen lässt – es gibt viele Möglichkeiten, mehr oder weniger preiswert aus Lübeck raus und teils sogar ganz schön weit zu kommen.

Wir haben die Tipps für einen bezahlbaren Urlaub, Reisepläne und -erfahrungen einiger Studenten zusammengetragen und möchten euch diese, sei es als Inspiration oder zur Ablenkung während der Klausurenzeit, nicht vorenthalten.

Melea: Wer bist du und wo willst du hin?

Wir sind es gewohnt, uns über unser momentanes konzeptionelles Dasein zu definieren. Ich bin der oder der, weil ich dies oder jenes studiere, hier oder dort wohne, so oder soviel Geld verdiene, dieses oder jenes besitze oder die und die Menschen zu meinen Freunden zähle. Unsere Leidenschaften, unsere Gewohnheiten, alles was wir gelernt haben und alles was wir tun, fließt mit ein in das persönliche Bild, welches wir von uns selbst entwerfen.

Was aber, wenn wir viel mehr sind als das, was wir stets zu sein glauben und gleichzeitig viel weniger das, was wir denken? Eine Reise kann uns die Möglichkeit geben, unsere Konzepte und Ideen zu Hause zu lassen, den Moment zu entdecken und zur Ruhe zu kommen.

Ein Studium hat gewisse Vorteile. Man lernt sehr viel und kann eventuell damit später sein Geld verdienen – klar. Aber um herauszufinden, wer wir wirklich sind, ist es sinnvoll, zwischendurch die Stadt, das Land oder gar den Kontinent zu verlassen.

Meine größte Motivation, für längere Zeit zu verreisen, war der Ruf der Freiheit und das Bedürfnis herauszufunden, was ich eigentlich vom Leben möchte. Auf dem Weg dorthin ist mir die Frage begegnet, was das Leben eigentlich von mir möchte. Warum sind wir hier, was soll das alles und wo ist mein Platz in diesem ganzen Irrsinn? Ich bin Menschen, Situationen und Orten begegnet, welche mir geholfen haben, diese Fragen zu stellen und Wege zu finden, diese zu beantworten.

Um für unbestimmte Zeit zu verreisen brauchst du nicht viel Geld, oder anders gesagt: Wenig Geld ist auf jeden Fall kein Hindernis. Wenn du schon weißt, wie lange du verreisen möchtest, dann vermiete doch dein Zimmer für diese Zeit im Internet bei WG-Gesucht (Adressen findest Du am Ende des Artikels). Was du für eine Reise mit sehr wenig Geld brauchst, sind Selbstkenntnis, Vertrauen, Intuition und ein wenig Mut.

Um von A nach B zu kommen kannst du per Anhalter fahren. Gefährlich? Meiner Erfahrung nach ist das weniger gefährlich als Mitfahrgelegenheit. Den besten Startpunkt zum lostrampen in deiner Umgebung findest du auf der Internetseite hitchwiki.org: Hier kann jeder Orte eintragen (mit Wegbeschreibung), an denen es sich besonders gut oder besonders schlecht lostrampen lässt. Wenn man die Orte selbst getestet hat, dann kann man hier auch bewerten, wie gut oder schlecht es geklappt hat. Mache dir klar, dass es immer möglich ist, nach einem kurzen Gespräch mit dem Anhalter zu sagen: „Vielen Dank, aber ich fahre doch nicht mit.“ Es ist auch möglich, im Einverständnis mit dem Fahrer oder der Fahrerin das Nummernschild an Freunde oder Familie zu senden. Das mache ich beispielsweise, wenn ich alleine mit Männern mitfahre. Also, ganz wichtig: Vertraue deiner Intuition.

Für Zwischenstops auf dem Weg oder auch für die ganze Reise empfehle ich euch couchsurfing.org. Für die, die es noch nicht kennen: Du hast ein Profil und kannst zu Hause dein Sofa Reisenden zur Verfügung stellen und wenn du selbst auf Reisen bist, dann kannst du auf der Couch von anderen schlafen. Die eigene Couch zur Verfügung zu stellen ist hierbei kein Muss, aber eine gute Möglichkeit, die Welt nach Hause einzuladen. Das Ganze läuft auf freundschaftlicher Basis, also ohne Geld.

Wenn dir etwas daran liegt, auf deiner Reise Zeit in der Natur zu verbringen, du gerne körperlich arbeitest und dir das Landleben zusagt, dann findest du bei „World Wide Opportunities on Organic Farms“ das richtige für dich. Hier findest du organisch arbeitende Farmen (meist sehr kleine Farmen, Communities oder auch Agrotourismus), auf denen du deine Mithilfe gegen Kost, Logis und meist sehr gute Gesellschaft eintauschen kannst. Bist du erst einmal auf einer Farm deiner Wahl angekommen, so ist es möglich, wochenlang kein Geld zu sehen.

Das Studium und die gute Lebensplanung sind nicht alles! Das Leben findet hier und jetzt statt, deswegen: Leave Home, entdecke die Welt!

Mathias: Mit der Uni in den Urlaub

Wer neben einer anderen Stadt auch noch eine andere Uni kennenlernen und dabei natürlich auch nicht viel Geld zahlen möchte, dem sei ein Austausch über die Uni-Partnerschaft ans Herz gelegt. Für die Medizinstudenten des vierten Semesters fand so einer zum Beispiel im Mai mit der Universität im norwegischen Bergen statt. Die Ausschreibung dazu erfolgte über den Mailverteiler, um teilzunehmen musste man sich kurz mit Lebenslauf und Motivationsschreiben bewerben. Die letztendliche Auswahl der zwanzig Studentinnen und Studenten, die mitfahren durften, geschah dann über ein Losverfahren. Bis auf einen Selbstkostenbeitrag von 100 Euro und einen Teil der Verpflegung vor Ort wurden die Kosten von der Uni Bergen übernommen.

Land und Leute für wenig Geld kennenlernen. Flickr Foto “Bergen” von EKSidley unter einer Creative Commons ( BY ) Lizenz

Land und Leute für wenig Geld kennenlernen.

Ich habe daran teilgenommen, weil mich Land und Leute sowie die dortige Uni sehr interessierten und ich mir die Gelegenheit, mal während der Vorlesungszeit zu verreisen – die Woche wurde von Pflichtterminen freigehalten – nicht entgehen lassen wollte. Es wurde dann auch eine sehr schöne und informative Reise, bei der wir viel von Bergen sahen und einen kleinen Einblick in den dortigen Universitäts- und Krankenhausbetrieb erhielten. Ein Highlight war auch, dass der Abreisetag noch mit dem norwegischen Nationalfeiertag zusammenfiel. Alles in allem kann ich derartige Austauschprogramme guten Gewissens weiterempfehlen. Ich für meinen Teil habe dort sehr viele schöne Eindrücke erhalten und würde es definitiv nochmal machen. Also: Schaut ab und an mal ins E-Mail-Postfach und ergreift die Chance, wenn sie sich bietet!

Lisa: Als Austauschschülerbegleitung in die USA

Wenn im August eine Gruppe deutscher Schüler in ihr großes Abenteuer Auslandsjahr in den USA aufbricht, werde ich sie begleiten – und dort anschließend durch einen kostenlosen Hin- und Rückflug drei Wochen günstig Urlaub machen können.

Als sogenannter „Chaperone“, wörtlich also als Begleitperson, bin ich vor allem dafür verantwortlich, dass alle Schüler heile von A nach B kommen. Los geht es für mich dabei in Hamburg, wo ich die ersten Schüler einsammeln und mit ihnen nach Frankfurt fliegen werde. Dort treffen wir die übrigen Austauschschüler und einen weiteren Chaperone, mit denen wir nach New York fliegen. Auf dem ganzen Weg sind wir Chaperones dann nicht nur Aufsichtspersonen für die Schüler, sondern zugleich erster Ansprechpartner bei jeder Art von Problem: Manche Schüler sind unter Umständen noch nie geflogen, sodass wir sie beispielsweise durch die Sicherheitskontrollen begleiten und beim Check-In helfen, außerdem unterstützen wir die Jugendlichen beim Ausfüllen der Zoll- und Einreisepapiere. Des Weiteren vertreten wir die Gruppe sowie die Austauschorganisation gegenüber dem Flugpersonal und den Flughafen-, Zoll- und Einreisebeamten und sind auch bei Schwierigkeiten wie aufkommendem Heimweh für die Schüler da: Wenn die vor langer Zeit getroffene Entscheidung, Freunde und Familie für ein Jahr zu verlassen, plötzlich real geworden ist, man sich soeben von allen verabschiedet hat und sie wirklich nicht so bald wiedersehen wird, braucht manch einer auch psychischen Beistand und ein wenig Aufmunterung.

In New York angekommen übergeben wir die Schüler dann an die Ehrenamtlichen der Austauschorganisation, in meinem Fall der AFS Interkulturelle Begegnungen e. V. (die Abkürzung stand ursprünglich für „American Field Service“), und helfen eventuell beim „Arrival Camp“. Dabei werde ich sicher nicht nur viele nette Menschen kennenlernen, sondern auch spannende und interessante neue Erfahrungen sammeln. Besonders neugierig bin ich auf den Perspektivwechsel: Vor fünf Jahren war ich als Schüler selbst mit dem AFS für ein Jahr in den USA. Ganz nebenbei kann ich im Anschluss daran für drei Wochen meine Gastfamilie in Chicago besuchen – den Flug von New York nach Chicago muss ich bezahlen, die Kosten für den Rückflug nach Deutschland übernimmt der AFS.

Wie bin ich nun an diese sehr begehrte Chaperone-Aufgabe gekommen? Angefangen hat alles mit meinem eigenen Austauschjahr. Nach meiner Rückkehr habe ich angefangen, mich ehrenamtlich auf lokaler Ebene zu engagieren, erst in Kiel und mit Beginn meines Studiums in Lübeck. So habe ich schon etliche Austauschschüler durch ihr Jahr in Deutschland begleitet oder sie auf ihren Auslandsaufenthalt vorbereitet. Als ich dann im Februar einen AFS-internen Aufruf gesehen habe, in dem mindestens 21-jährige Menschen mit viel Flugerfahrung gesucht wurden, habe ich mich einfach beworben – und wurde ausgewählt.

Hendrik: LARP – mystische Welten

Vor langer Zeit durch den Weltenbrand vernichtet, lag der Kontinent Mythraspera Jahrtausende lang im Schlaf. Die einst mächtigen Elemente und ihre aus Neid entstandenen Gegenspieler, die Verfemten, liegen seit jener Zeit unter Siegeln verschlossen, die nicht nur ihre Kraft, sondern auch ganze Landstriche des Kontinents unter Verschluss halten. Vor einigen Jahren wurde der Kontinent wiederentdeckt und mit seiner Besiedlung begonnen.

Hier leben alle friedlich miteinander.
Moira Frank

Hier leben alle friedlich miteinander.

Da jeder Landstrich unter einem Siegel liegt, wird einmal im Jahr das „Conquest of Mythodea“ abgehalten. Aus allen Teilen Mythrasperas und von weit außerhalb seiner Grenzen strömen Menschen, Elfen, Zwerge und Trolle herbei, um einen weiteren Teil des Landes zu befreien. So findet das Conquest nun schon seit einigen Jahren statt und viele Teile des Kontinents sind erschlossen. Doch die Siedler sind ins Stocken geraten, denn sie stehen nunmehr vor dem letzten Siegel, das die Magie und zugleich die Ratio, zu deren Verbannung sich einst alle anderen neun Elemente und Verfemten zusammenschlossen. Sollen wir das Siegel öffnen? Oder ist es zu gefährlich, die Ratio zu befreien? Diese Fragen stellen sich den Siedlern und sie werden es letztendlich sein, die diese Entscheidung zu fällen haben.

In diesem Setting findet jedes Jahr im August auf dem Rittergut Brokeloh bei Hannover das „Conquest of Mythodea“ statt, Europas mit 7000 Teilnehmern größtes und aufwendigstes „Live Action Role-Playing-Game“ (LARP). LARP ist ein immer populärer werdendes Konzept, bei dem die Spieler in eine fantastische Welt voller Magie, Monster und großer Geschichten eintauchen. Der Clou ist, dass ihr als Spieler euer eigenes Abenteuer in dieser Welt erlebt. Egal, ob ihr ein großer Krieger sein wollt, der schon mit seinem Auftreten Feinde in die Flucht schlägt, oder ein Schriftgelehrter, der sich um die Diplomatie seines Königreichs kümmert und die Geheimnisse einer detailliert ausgearbeiteten Spielwelt erforscht.

Auf der Veranstaltung organisieren sich die Spieler in Lagern, die auch IT (In Time, also im Spiel) eine Bedeutung haben. So gibt es für jedes der Elemente ein Lager, dessen Anhänger dem entsprechenden Element folgen und seine Werte vertreten. Natürlich sind die Anhänger des Feuers kampflustige Draufgänger und im Wasserlager findet ihr die meisten Heiler. Neben den Lagern organisieren Spieler sich oft in Gruppen, welche IT ein Protektorat vertreten.

Eine dieser Gruppen ist Exilia, meine zweite Heimat. Exilia ist eine stolze Festungsstadt im Norden des Kontinents, in einem kargen Protektorat, das größtenteils aus einer leicht hügeligen, steinigen Landschaft besteht, erhebt sie sich majestätisch auf einer Landzunge. Schon von Weitem sieht man ihre Mauern aufragen und hinter dem zweiten Wall die Große Halle, ein prächtiger Bau mit Kuppeldach, welche einst von unserem Gründer Kire Schattenhaar erbaut wurde, als er vom nördlichen Archon dieses Stück Land erhielt. Exilia ist ein besonderer Ort. Hier findet jeder Zuflucht und ein neues zu Hause, der sich auf dem Kontinent Mythraspera nichts hat zu Schulden kommen lassen. Hier leben alle friedlich miteinander, wir arbeiten nicht für unseren eigenen Reichtum, sondern für das Wohl des Protektorats. Im Gegenzug versorgt es uns mit einer Wohnung, Essen und Kleidung. Hier an diesem wunderbaren Ort sind alle gleich, ganz egal, ob Zwerg, Elf oder Ork. Unser Protektorat unterhält diplomatische Verbindungen zum Großteil des Nordens und stellt das beste Brot der Welt her. Im Norden der Stadt fällt eine Klippe 300 Meter tief zum Meer ab, sie hinunter werfen die Siedler Netze an langen Seilen, um Fische zu fangen. Exilia blüht und gedeiht, wir feiern viele Feste und genießen das Leben. „Exilia, meine Fest, mein Hort vor Wind und Meer. Exilia Preis und Ehr!“

In diese Welt einzutauchen, völlig in ihr aufzugehen und einen Charakter aus ihr zum Leben zu erwecken, das ist LARP. Es macht Spaß, über diese Welt zu lesen und sich Exilia vorzustellen. Es macht noch mehr Spaß, Exilia zu gestalten, mitzuhelfen, die geheimnisvollen Gänge unterhalb der Stadt zu erkunden und sie weiter auszubauen. Doch bis hierhin findet alles „nur“ auf dem Papier und in unseren Köpfen statt. Das Conquest und ähnliche Veranstaltungen ist, wo dies alles real wird. Wir kleiden uns in unserer Gewandung und sind für ein paar Tage andere Menschen aus einer anderen Welt.

Eigentlich ist allein schon die Atmosphäre eines so großen LARPs es wert, sie einmal erlebt zu haben, am besten, indem man selber mitspielt. Dafür erschafft man sich zuerst einmal einen Charakter, der hat dann, wie ihr es aus einem Rollenspiel am PC vielleicht kennt, Fähigkeiten, kann zum Beispiel lesen und schreiben oder Schlösser knacken oder zaubern oder schmieden oder vieles mehr. Diese Fähigkeiten geben eurem Charakter einen groben Umriss. Ihr lasst ihn dann plastischer werden, indem ihr seinen Hintergrund ausarbeitet, wo kommt er her? Was macht er eigentlich unterm Jahr? Wie steht er zu bestimmten Dingen? Was sind typische Sprüche? All das erweckt langsam euren Charakter zum leben, doch richtig erwachen wird er erst auf dem LARP selbst. Und da werden auf einmal all eure Fähigkeiten und eure Geschichte unwichtig, hier zählt es, zu spielen, den Charakter zu erleben. Natürlich habt ihr Heilen gleich auf Stufe drei geskillt, aber es macht doch viel mehr Sinn, wenn ihr es erst von wem anders lernt und viel mehr Spaß, zu erleben, wie euer Charakter langsam zum Heiler wächst, Fehler macht und schließlich ein Profi wird.

Also, wenn du Lust hast, tagelang im Zelt zu leben, über’m Feuer zu kochen und Untoten auf die Fresse zu geben: LARP mit.

Philipp: Alle Jahre wieder – Wave-Gotik-Treffen in Leipzig

Immer wieder werde ich gefragt, was Gothic eigentlich sein soll und warum wir uns kleiden und geben, wie wir es eben tun. Und immer wieder fällt mir auf, dass ich diese Frage nicht klar beantworten kann. Wie soll man eine Szene beschreiben, die sich aus so vielen Strömungen aus den letzten Jahrzehnten des letzten Jahrtausends (Ja, solange ist das schon her…) entwickelt hat? Aus diesem Grund möchte ich mich nicht weiter in der Definition von sogenannten szene-internen Werten und Moralvorstellungen verlieren, sondern eher einen empirischen Beweis für ein Lebensgefühl führen, das die unterschiedlichsten Strömungen der Szene doch auf eine Weise eint, die ihresgleichen sucht. Und vermutlich gibt es nur wenige Orte, an denen man dieses Lebensgefühl mit jeder Faser des Körpers so zu spüren bekommt, wie zu Pfingsten in Leipzig, wo vom 17. bis 20. Mai 2013 nunmehr zum 22. Mal das Wave-Gotik-Treffen stattfand.

Jedes Jahr finden zu diesem Termin an Pfingsten mehr als 20.000 Szeneanhänger aus der ganzen Welt ihren Weg nach Leipzig, um ein Festival zu begehen, dass von vielen als „Familientreffen“ bezeichnet wird. Seit dem ersten WGT sind viele aus der „Grufti-Generation“, wie man sie damals nannte, dem Festival treu geblieben. Und das gilt sowohl für die Besucher als auch die Bands! So trat zum Beispiel dieses Jahr nach langer Auszeit die Gruppe „Das Ich“ auf, welche schon bei den ersten WGTs auftrat und bereits davor in der Szene als Musiker etabliert waren.

Diese Verbundenheit der Anhänger hat sich in den vielen Jahren, in denen das Festival in Leipzig angesiedelt ist, auch auf die Einwohner von Leipzig übertragen, deren Einstellung der Veranstaltung gegenüber sich im Laufe der Zeit von unverhohlener Skepsis und Ablehnung zu vorsichtiger Neugier bis hin zu begeisterter Anteilnahme gewandelt hat. Diese äußerst positive Entwicklung hat dazu geführt, dass die städtischen Theater und Konzerthäuser (insbesondere sind das Leipziger Gewandhaus und das Völkerschlachtdenkmal zu nennen) frei zu besuchende Angebote für Festivalbesucher geschaffen haben. Auch die Leipziger Museen bieten freien Eintritt in ihre Ausstellungen an, in denen unter anderem auch die Verfolgung und Beobachtung von Szeneanhängern zu DDR-Zeiten porträtiert werden. Neben den mannigfaltigen kulturellen Angeboten, bietet das WGT natürlich aber auch die Möglichkeit dem Vorurteil der depressiven, misanthropischen Grufti-Schar entgegenzuwirken. Die überwältigende Auswahl von Künstlern hat im Konzertbereich für jeden Musikgeschmack etwas zu bieten und die etablierten Leipziger Underground Clubs laden zum Tanzen bis in den Morgen hinein. Für die Liebhaber extravaganter, erotischer Vorlieben, wird mit der „Obsession Bizarr“, in deren Rahmen Modeschauen und SM-Shows stattfinden, eine Möglichkeit geboten, nonkonforme Neigungen auszuleben.

All dies und nicht zuletzt die Tatsache, dass das Festival sehr friedlich abläuft, machen das WGT zu einem unvergesslichen Erlebnis, nach dem man sich von neuen und alten Freunden mit dem Satz: „Auf Wiedersehen im nächsten Jahr!“ verabschiedet und bereits mit großer Vorfreude den beginnenden Vorverkauf für das nächste WGT herbeisehnt.

Thomas: Urlaub in der Eifel a.k.a. Rock am Ring

Jeder kennt es und sicherlich gibt es sehr viele, die schon das eine oder andere Mal über eine Karte nachgedacht haben, aber trotzdem noch nie da waren. „Rock am Ring“ ist zweifellos eines der bekanntesten Festivals in Deutschland, doch warum ist der Ring so besonders und was macht ihn zu einem der beliebtesten Festivals in Deutschland?

Für ein Wochenende aus der Realität flüchten Flickr Foto “Rock am Ring 2011 – Crowd” von ni.c unter einer Creative Commons ( BY-NC-SA ) Lizenz

Für ein Wochenende aus der Realität flüchten

Mit 87.000 Besuchern in diesem Jahr ist Rock am Ring definitiv eins der größten deutschen Festivals (abgesehen von eintrittsfreien Festivals wie zum Beispiel Bochum Total) und mit 28 Jahren auch eines der ältesten. Für die stolzen 150 Euro bekommt man dafür aber auch einiges geboten: mehr als 80 Bands, vom YouTube-One-Hit-Wonder bis zum Rock-Olympioniken, geben an einem Wochenende auf drei Bühnen und im Party-Zelt ihr Bestes. Ähnlich wie beim Wacken Open Air sind die Campingplätze ab Montag geöffnet, sodass man auch alteingesessene Ringrocker trifft, die sich über eine Woche Zeit für dieses Event nehmen.

Ist Rock am Ring ein stures Rock Festival? Nein! Auf jeden Fall gibt es nicht viele Leute, die Sprüche abgeben wie „Was sucht denn Casper bei Rock am Ring? Der macht doch gar kein Rock!“. Nach Angaben von Veranstalter Marek Liberberg sei es das Ziel des Festivals, den Ring zu rocken und nicht nur am Ring Rock zu spielen. Das macht sich auch im Line-up bemerkbar: Dieses Jahr durften zum Beispiel Cro, Fettes Brot, Casper, The Prodigy, Dizze Rascal, The Bloody Beetroots, Fritz Kalkbrenner oder auch Hurts vom Rock eher weiter entferntere Genres präsentieren. Und das war auch schon immer so: Schon zu Beginn der Rock am Ring Ära unterhielten Eros Ramazzotti, Otto Waalkes, die Doofen, Carlos Santana oder Elton John die Massen. Oft sind die Acts so gelegt, dass Bands des gleichen Genres hintereinander auf derselben Bühne spielen. Am Freitag zum Beispiel ist die Alternastage seit mehreren Jahren für Bands härteren Ursprungs reserviert, während Indi, Hip Hop und Hardcore häufig auf der kleinsten Bühne der Clubstage zu finden sind. Die Größten finden sich dann spätabends auf der Centerstage wieder. Vorher spielen hier aus Funk und Fernsehen bekannte Bands um ein großes Publikum für den Auftritt des Headliners zu schaffen.

Nach dem Headliner ins Zelt? Wer das macht, ist selbst Schuld! Oft ist die Centerstage die erste, die in der Nacht die Boxen ausschaltet. Vor zwei Jahren hat Rock am Ring das Prinzip Late Night Special eingeführt. Nach der Rückkehr von der Centerstage kann man sich oft noch eine halbe Stunde von Bands der Club- oder Alternastage anhören, bis auf letzterer nach eine kurzen Umbaupause der letzte Act des Tages spielt. Und der gibt meistens nochmal richtig Gas: 2012 heizten zum Beispiel Skrillex und Deichkind der tanzwütigen Masse ein. 2013 gaben sich Boys Noize, The Bloody Beetroots und Seeed die Ehre. Und jeder, der sich einmal den Harlem Shake von Seeed angesehen hat, weiß wie viel Power in einem Festvial-Publikum an einem Sonntag um Mitternacht noch stecken kann. Natürlich bietet der Ring auch wie jedes andere größere Rockfestival ein Party-Zelt, in dem verschiedene Musikrichtungen bis früh in den Morgen erklingen.

Vielfalt ist auch auf dem Campingplatz angesagt. Das besondere bei Rock am Ring ist, dass die Campingplätze weit über das Festivalgelände verteilt sind und nicht wie ein einheitlicher große Fleck wirken. Die volle Festivalaction erlebt man zwar direkt in der Nähe des Festivalgeländes, es gibt jedoch auch zahlreiche große Campingplätze, die etwas weiter außerhalb sind und einen ruhigeren Festivalalltag ermöglichen. Auf der Nordschleife kann man sich sogar das Privileg erkaufen, direkt neben seinem Auto zu campen, was praktisch für all jene ist, die zum Beispiel mit Kleinlastern anfahren. Wohnmobilbesitzer müssen nicht einmal vorher eine „WoMo“-Plakette erwerben. Wer vorhat, mit solch einem vorbeizuschauen, muss allerdings auch damit rechnen, auf weit entfernte Parkplätze verbannt zu werden. Das ist aber kein Problem, denn eine der großen Stärken des Rings ist die gute Shuttlebus-Anbindung. Nachts muss man – egal zu welcher Uhrzeit – nie länger als 20 Minuten (und die können mit den richtigen Leuten in der Schlange noch kürzer werden) warten. Auf der Hinfahrt sind es meist auch nicht mehr als 15 Minuten.

Ganz normale Festivalprobleme bleiben auch hier leider nicht aus. Es gibt professionelle Banden, die Zelte aufschlitzen und ab und zu klauen, sowie schlecht gelaunte Securitys und betrunkene Randalierer. Sicherlich findet man viele Horrorgeschichten, wenn man nur lang genug sucht. Dass man solche bei einem Besuch zwangsläufig erlebt, ist aber eher unwahrscheinlich. Die Campingplatzregeln sind trotzdem eher lockerer. Wie sonst auch dürfen zwar keine Glasflaschen auf dem Campingplatz und nur Tetrapacks auf das Festivalgelände mitgenommen werden. Stromgeneratoren und offene Feuer sind aber erlaubt. Möbelstücke sind eigentlich verboten, in dem Fall sind die Sicherheitsleute meiner Erfahrung nach aber liberal eingestellt.

Am Eingang des Festivalgeländes stehen zwischen den Shuttlebusschleusen und der Bändchenkontrolle zahlreiche Mülltonnen mit der Aufschrift „Recycling rockt!“. Sobald man das Festivalgelände selbst betreten hat, sieht man allerdings keine Mülltonnen mehr. Deswegen sind selbst die Leute, die ihren Müll ordnungsgemäß entsorgen wollen, gezwungen ihn einfach auf den Boden zu schmeißen. Oft werden die hohen Kartenpreise bemängelt, die leider aus den hohen Kosten für die Benutzung des Nürburgrings, der ja leider im letzten Jahr Insolvenz angemeldet hat, resultieren. Gegen Drogen wird hier auch nicht so stark vorgegangen, was man dieses Jahr besonders stark sehen und riechen konnte (ob man das jetzt positiv oder negativ wertet, sei mal dahin gestellt) auch die Kontrollen waren nicht sehr gründlich, obwohl vergleichsweise viele Schleusen zur Verfügung stehen, wodurch der Andrang vermindert wird. Die Veranstalter haben damit zwar nichts zu tun, aber 4 Euro für 0,4 Liter Bier oder Cola ist ziemlich happig. Wasser kostet auch immerhin 2,80 Euro für 0,3 Liter, das war aber meistens zugefroren, wenn man es kaufen wollte. Auch 19 Euro für ein Festival T-Shirt oder 55 Euro für einen Pullover, finde ich persönlich sehr teuer, dafür sind sie aber von hoher Qualität und halten Jahre.

Wie schon erwähnt, funktioniert der Shuttlebusverkehr wirklich sehr gut. Die Fahrten sind auch immer witzig, da man (besonders in der späteren Stunden) fast immer ein bis zwei Gruppen im Bus hat, die dann den ganzen Bus unterhalten. Außerdem sind zwischen den Bands nicht nur arbeitende Menschen und Werbung zu sehen, sondern es werden seit diesem Jahr auch kleinere Spiele mit den Publikum veranstaltet. In diesem Jahr steuerten die Massen zwei Charaktere aus dem Film „Lone Ranger“ über einen fahrenden Zug. Dabei wurden die Figuren über das Schwänken der Arme nach links und rechts dirigiert. Außerdem gibt es sehr viele Autogrammstunden, auch mit den größeren Bands. Besonders ist außerdem noch die Aufteilung vor der Centerstage in drei Zonen. Auf Grund von sicherheitstechnischen Bestimmungen dürfen in die vorderste Zone nur 9000 und in die mittlere 12.000 Leute eingelassen werden, was der Sicherheitsdienst über ein Ampelsystem regelt. Gut daran ist, dass man, wenn man einmal in A ist auch immer wieder nach vorne kommt, nicht so gut, dass man Glück braucht, um in den späteren Stunden nach vorn zu kommen. In Zone C, in die man freien Zugang hat, kann man aber auch sehr gut gucken. Man bekommt also fast immer einen guten Platz. Außerdem liegen Alternastage und Clubstage in einer kleinen Senke, sodass man von überall aus einen guten Blick auf die Bühnen bekommt.

Viele bemängeln, dass ihnen Rock am Ring zu groß sei. Die Größe ist aber meiner Meinung nach kein Nachteil. Der Festivalalltag unterscheidet sich nicht von kleineren Festivals: Man trifft bescheuerte Menschen, trinkt viel Bier, hört Bands an, trinkt noch ein bisschen Bier und geht danach vielleicht ins Diskozelt, wie das auch auf kleineren Festivals eben auch ist. Klar ist die Masse unüberschaubar und der Weg vom Zelt zur Bühne länger, dafür bekommen die Leute, die das Wochenende ruhiger verbringen wollen jedoch auch mehr Abstand zu den heftigeren Campingplätzen. Klar kann es auch passieren, dass man sich bei einem Konzert verliert, nachher findet man sich aber immer wieder, ansonsten kann man sich auch einfach auf einen Bierstand einigen und findet sich so ganz leicht.

Zum Abschluss kann ich jedem, der Bands auf dem Festival sehen möchte, raten, einmal zum Ring zu fahren und sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Ob ihr nun zwölf Stunden schlafen und dann nüchtern zu den Konzerten gehen wollt, um sie aus der ersten Reihe zu filmen, oder ob ihr feiern wollt bis ihr zwei Tage lang euer Camp sucht (Ja, solche Leute trifft mal da häufig), am Ring kann man – egal mit welchem Ziel oder mit welcher Einstellung – immer ein geiles Wochenende haben. Also kommt vorbei und macht euch euren eigenen Eindruck! Für alle, die überlegen, sich eine Karte für 2014 zu besorgen: Nächstes Jahr fällt der Ring mit Pfingsten zusammen, weswegen vier Tage lang Konzerte anstehen!

Alex: Dithmarschen rockt!

Vor fünf Jahren war ich zum ersten Mal beim Dithmarscher Rockfestival. Ich bin in der Gegend um das Festival groß geworden und hörte immer wieder davon, jedoch interessierte ich mich nicht dafür. Ich war schon wegen des Studiums weggezogen, als ich es das erste Mal besuchte und das auch nur, weil mich Freunde aus Lübeck dazu überredet hatten. Ich habe es danach wirklich bereut, nicht schon die Jahre davor dort gewesen zu sein. Seitdem nehme ich jedes Jahr teil und es ist immer wieder ein Ereignis, das ich nicht verpassen will.

Einmal im Jahr gesellt sich in Dithmarschen ein Rockfestival zu Windkraftwerken und Kohlfeldern.Flickr Foto “cabbage, cattle ..” von southgeist unter einer Creative Commons ( BY-SA ) Lizenz

Einmal im Jahr gesellt sich in Dithmarschen ein Rockfestival zu Windkraftwerken und Kohlfeldern.

Einer der großen Vorteile dieses Festivals ist, dass man auf dem Zeltplatz parken darf. Das erspart die ewige Schlepperei des Gepäcks vom Auto zum Platz und man kann gemütlich anfangen aufzubauen. Ist das erledigt, wird man schnell seine Nachbarn kennenlernen und aus der guten Laune nicht mehr herauskommen. Es kommt natürlich immer darauf an, wie man morgens aus dem Zelt kommt und wie schnell man wieder fit genug ist um weiter zu feiern. Setzt man sich dann aber bei meist guten Wetter (für die Statistiker: 3 von 4 Mal), in die Sonne, hat sich das mit der Morgenmüdigkeit schnell erledigt und es kann mit der guten Laune weiter gehen.

Da das Dithmarscher Rockfertival recht übersichtlich ist, hat man nie einen sehr weiten Weg zum Festivalgelände, dies ist vor allem dann ein Vorteil, wenn man es erst am Freitag schafft, hinzufahren. Beginn des Festivals ist immer am Donnerstag, für die, die es nicht erwarten können, gibt es schon Mittwoch ein Programm zur Unterhaltung, ein Fußballturnier mit Rahmenprogramm. Beginnt das Festival dann am Donnerstag, findet man auf dem Gelände zwei große Bühnen und das Partyzelt, in dem man bis spät in die Nacht feiern kann.

Alternativ dazu findet sich vor dem Gelände eine Art Bar, in der bis zum Sonnenaufgang, zum Teil bei Livemusik, gefeiert werden kann. Jedoch ist das nur ein Nebenprogramm, wie auf den meisten Festivals wird nachts auf dem Zeltplatz weitergefeiert, denn da hat man immer den meisten Spaß. Für Musik ist auf jeden Fall gesorgt, irgendeiner hat immer eine Anlage, mit der er sich und die Nachbarn mit Musik versorgt. Wacht man nach einer durchgefeierten Nacht auf und weiß nicht, was man frühstücken soll, gibt es einen Frühstücksbereich, in dem man für recht wenig Geld seinen Kaffee mit Rührei und Brötchen bekommt. Frisch gestärkt startet man dann in den neuen Tag.

Sind die drei Tage vorbei, werden die Sachen im nahegelegenen Auto verpackt – am letzten Tag ein noch größerer Vorteil als am ersten Tag – und man fährt, ohne diese sonst lästigen und ewig langen Autoschlagen, vom Gelände, um kaputt aber zufrieden den Heimweg anzutreten.

Alles in allem ist das Dithmarscher Rockfestival ein recht kleines Festival, das sich aber vor den großen nicht verstecken muss, eine Reise dahin lohnt sich immer wieder!

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