Silke Mählenhoff

Silke Mählenhoff

StudentenPACK: Hallo Frau Mählenhoff, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen. Wie lange sind Sie denn schon in der Politik?

Silke Mählenhoff: Ich bin seit 13 Jahren, seitdem ich in Lübeck wohne, politisch aktiv. Ich arbeite im Kreis Ostholstein und bin dort noch Kreissprecherin für den Kreisverband der Grünen in Ostholstein. Da habe ich auch angefangen, aktiv Politik bei den Grünen zu machen.

PACK: Waren sie bereits in der Lübecker Bürgerschaft Mitglied?

Mählenhoff: Nein, bisher war ich im Kreisverband Ostholstein organisiert. Aber weil ich in Lübeck wohne, kann ich im Kreis Ostholstein kein politisches Amt bekleiden. Das geht nur am eigenen Wohnort. Weil ich dort schon recht lange aktiv bin, habe ich mich entschlossen, jetzt auch etwas anderes zu machen. Das traf sich sehr gut mit den Lübecker Grünen, die mich fragten, ob ich für die Bürgerschaft kandidieren möchte. Das habe ich mit den Grünen in Ostholstein, zu denen ich ein sehr persönliches Verhältnis entwickelt habe, abgesprochen. Nach der Wahl werde ich in den Kreisverband Lübeck wechseln. Es war nicht mein Ziel, den ersten Listenplatz zu bekommen. Ich wollte einen sicheren Listenplatz haben, denn wenn ich schon mein Engagement in Ostholstein aufgebe, möchte ich mich hier in Lübeck auf jeden Fall weiter einbringen können. Ich möchte hier aktiv etwas machen. Der erste Listenplatz hat sich dann einfach so ergeben.

PACK: Was machen sie beruflich?

Mählenhoff: Ich bin Angestellte im Kreis Ostholstein und arbeite dort in der Arbeitsvermittlung. Studiert habe ich Landschaftsgestaltung, komme also aus dem grünen Bereich, und habe schon an mehreren Orten in Deutschland gearbeitet.

PACK: Ist Kommunalpolitik also ihr Hobby? Haben Sie noch Zeit für andere Aktivitäten?

Mählenhoff: Ja, ich habe noch andere Hobbys. Beispielsweise bin ich seit ungefähr zehn Jahren im „Weltladen“ ehrenamtlich im Verkauf und auch im Vorstand aktiv. Dazu kommt, dass ich zu Hause einen Garten habe. Da ich aus dem gärtnerischen Bereich komme, macht es mir sehr viel Spaß. Ich empfinde es als sehr entspannend, zwischendurch mal in der Erde herumzuwühlen.

PACK: Was war ihre Motivation, in die Politik zu gehen?

Mählenhoff: Mein Engagement begann in der Bürgerinitiativbewegung und der Umweltbewegung, daran habe ich schon während meines Studiums im Umweltschutzzentrum in Hannover mit gearbeitet. Damals gründeten sich gerade die Grünen. Daraus können Sie erkennen: Das ist so 25 bis 30 Jahre her. Das habe ich alles mitgenommen: die Umweltschutzbewegung, die Anti-Atombewegung, dann die Gründung der Grünen, bei denen ich damals nicht Mitglied wurde, da ich zu der Zeit den Wohnort häufig gewechselt habe. Dazu kam auch die Bewegung „Fairer Handel – Eine Welt“, das ist meine Welt, das ist mein Hintergrund. Ich habe dann, ein bisschen als Spätzünder, hier, als ich nach Ostholstein kam, aktiv begonnen, mich in die Politik einzubringen. Zuerst auf der Parteibasis der Grünen, als Kreisschatzmeisterin und danach als Sprecherin des Kreisverbandes. Jetzt kommt dann der Wechsel nach Lübeck und in die Bürgerschaft, weil ich denke, dass ich da mitreden und auch etwas bewegen kann. Das werden keine umwerfenden und großen Dinge sein, aber es muss auch Leute geben, die sich engagieren. Nur dann haben wir ein lebendiges Gemeinwesen. Wenn es Leute gibt, die da tätig werden und sagen „Meine Zeit ist mir nicht zu schade!“

PACK: Was sind Ihre Themen, wofür wollen Sie sich auf kommunaler Ebene einsetzen?

Mählenhoff: Das erklärt sich schon so ein bisschen aus meiner Geschichte. Ich werde mich für die Umwelt einsetzen und den Radverkehr. Ich habe bereits seit einigen Jahren kein Auto mehr und fahre dementsprechend mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Insofern möchte ich mich hier für Verbesserungen einsetzen. Dazu kommt auch noch der Bereich Denkmalpflege. Das ist ein sehr wichtiges Thema für Lübeck. Natürlich befasse ich mich auch mit Umweltschutz. Von der Kläranlage über die Deponie Ihlenberg bis hin zur Grünflächenpflege hier in Lübeck. Ein weiterer Aspekt ist der faire Handel. Lübeck ist „fair trade“ Stadt, da hat sich die Stadt verpflichtet, für weitere Entwicklung zu sorgen, zum Beispiel in der Beschaffung solcher Produkte. Für Sie interessant ist sicherlich das Thema Bildung.

PACK: Welche Themen werden in den nächsten fünf Jahren in der Bürgerschaft diskutiert? Was sind potentielle Streitthemen?

Mählenhoff: Ein großes Thema wird immer wieder der Haushalt sein. Lübeck ist chronisch pleite. Wir werden uns stets fragen müssen, was Vorrang hat. Soll man lieber Straßen ausbauen oder Gewerbegebiete, der Hafenausbau ist auch ein Thema. Die Lübecker Schulen müssen saniert werden. Ich bin sehr dafür, dass Schüler einen vernünftigen Arbeitsplatz haben. Die Schule ist der Arbeitsplatz der Schüler, kein Arbeitnehmer würde dauerhaft an einem Arbeitsplatz arbeiten, wo die Toiletten nicht funktionieren. Insgesamt wird die Frage sein: Wo geben wir das Geld aus, wo sind Projekte geplant, wie beispielsweise in Travemünde die Waterfront.

PACK: Wie stehen die Grünen zur Waterfront?

Mählenhoff: Sehr skeptisch. Es kann nicht sein, dass erst mal eine Grünfläche geopfert wird. Ich halte es für Travemünde, speziell den Priwall nicht zielführend. Der Priwall hat andere Qualitäten.

PACK: Haben Sie das Gefühl, dass die Lübecker Bürger wissen, was im Rathaus passiert?

Mählenhoff: Ich glaube nicht. Vielleicht ist das aber auch manchmal besser, dass das nicht so ist. Ich war zufällig in der Bürgerschaftssitzung anwesend, in der auch die Bürger von Reecke anwesend waren, als dort die Brücke gesperrt wurde. Die Kommentare der Bürger, die oben auf der Tribüne saßen und sahen, was unten in der Bürgerschaft passierte, waren sehr ernüchternd. Ich finde es wichtig, dass die Bürgerschaft für sich ein anderes Selbstverständnis und einen anderen Umgang miteinander findet.

PACK: Finden Sie, dass die Kommunalpolitik transparenter werden sollte? Sollten mehr Informationen aus dem Rathaus an den Bürger herausgegeben werden, oder sollte sich der Bürger mehr selbst informieren?

Mählenhoff: Wir brauchen ganz viel Transparenz, gerade in der Kommunalpolitik, denn die wird immer komplizierter. Wenn die Bürger da noch mitreden können, wollen und sollen, dann müssen sie gut informiert werden. Das ist eine Bringschuld der Kommune und der Politiker. Sie werden dahinein gewählt und müssen dann auch deutlich machen, was sie dort tun und warum sie das tun oder eben auch mal nicht.

PACK: Wenn Sie auf der Straße mit Bürgern ins Gespräch kommen, werden Sie häufig auf Themen angesprochen, die in die Landes- oder Bundespolitik fallen?

Mählenhoff: Das kommt vor. Gerade an Wahlkampfständen sprechen einen viele Leute auf nicht kommunale Themen an. Der eine Punkt für uns ist dann, deutlich zu machen, wo dieses Thema gerade hingehört, ob das Landes- oder Bundespolitik ist. Zweitens ist es wichtig, zu sagen, dass wir uns trotzdem darum kümmern werden und dass die Grünen in Lübeck auch zu Bundes- und Landesthemen eine Meinung haben. Manchmal ist es auch sinnvoll, Kontakte zu vermitteln, damit das Anliegen weitergegeben wird und der Bürger nicht auf der Strecke bleibt.

PACK: Welche kommunalen Themen sind für Studenten relevant?

Mählenhoff: Wo finde ich eine günstige Wohnung, oder?

PACK: Joa.

Mählenhoff: Hier in Lübeck haben wir einen chronischen Mangel an kleinen Wohnungen, oder größere Wohnungen, die vielleicht WG-geeignet wären, sind zu teuer. Ein weiteres Thema ist Mobilität. Wie komme ich zur Uni? Wie fahren die Busse? Wie sind die Radwege? All das sind Themen, die für Studenten relevant sind und sein werden. Oder liege ich da falsch?

PACK: Nee, ich denke nicht. Was sind Ihre Ziele und die Ziele der Grünen für die nächste Legislaturperiode?

Mählenhoff: Unser erstes Ziel ist ein gutes Wahlergebnis zu bekommen, damit wir die grünen Ziele auch möglichst stark vertreten können. Die weiteren Ziele sind vor allem im Verkehrsbereich, der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Wir möchten die S-Bahn hier einführen, oder zumindest mehr Bahnhalte einrichten. Wir möchten die Radwege verbessern. Es gibt da ein umfangreiches Radwegekonzept für Lübeck, das auf keinen Fall in irgendeiner Schublade verschwinden sollte. Da sind viele gute Ideen drin, die kann man, denke ich, nach und nach umsetzen.

Ein ganz großer Schwerpunkt ist weiterhin die Bildung und die Schulsanierung. Da brauchen wir sowohl ein langfristiges Konzept als auch Sofortmaßnahmen, um die Schule als Arbeitsplatz für die Schüler vernünftig auszustatten. Das wird uns beschäftigen. Weiterhin wird es immer wieder Umweltthemen geben. Die Deponie Ihlenberg: Da müssen die Lübecker mitreden, wir müssen wissen, was dort passiert. Die Deponie ist kurz vor der Stadtgrenze, der Grundwasserstrom geht in Richtung Trave. Bei diesen alten Deponien, egal ob Ost oder West, da weiß man nie was da drin passiert und was dort abgeladen wurde. Das ist ein Thema für die nächsten Jahrzehnte. Wir müssen jetzt anfangen, damit die Überwachungsmaßnahmen stimmen und Lübeck muss da eine Mitsprache haben.

Weiterhin würde ich persönlich gerne für den Stadtteil St. Lorenz-Nord, in dem ich auch wohne, mehr erreichen. Dieser Stadtteil fristet ein wenig ein Aschenputtel-Dasein, finde ich. Man fährt dadurch zur Autobahn und der Bahnhof ist dort. Mehr weiß man da aber nicht. Ich würde gerne den Brolingplatz als Marktplatz wieder beleben. Da gibt es eine Bürgerinitiative, die versuchen da schon seit Jahren etwas zu machen.

PACK: In der letzten Legislaturperiode waren viele verschiedene Fraktionen und auch parteilose Mitglieder in der Bürgerschaft vertreten. Halten Sie diese Entwicklung für kontraproduktiv der Entscheidungsfindung gegenüber, oder finde Sie, dass das eine gute Entwicklung ist?

Mählenhoff: Wir brauchen eine Vielfalt an Meinungen, damit nicht nur der Mainstream durchkommt. Allerdings habe ich so meine Zweifel, ob viele kleine Gruppen das, was in einer Stadt von der Größe wie Lübeck gefordert ist, wirklich leisten können.

PACK: Wie viel Zeit verbringen Sie mit der Politik? Wie viel Zeit glauben Sie wird die Bürgerschaft in Anspruch nehmen?

Mählenhoff: Im Augenblick verbringe ich jeden Tag mit Politik. Es gibt keinen Tag, an dem nicht eine Veranstaltung ist, sowohl extern, als auch intern. Ich hoffe, dass das nach der Wahl ein bisschen besser wird. Je nachdem wie groß unsere Fraktion nach der Wahl ist, werden wir die Arbeit für die einzelnen Ausschüsse aufteilen. Ich denke, mit einem guten Zeitmanagement wird das zu schaffen sein.

PACK: Es stellt sich bei Kommunalpolitik immer die Frage: Wer zieht die Fäden? Ist das die Verwaltung, die im Hintergrund die Fäden ziehen, oder sind das tatsächlich die gewählten Vertreter? Wie haben Sie das bis jetzt mitbekommen?

Mählenhoff: Der Souverän ist das Volk. Wir Politiker geben den Auftrag an die Verwaltung, etwas auszuarbeiten oder umzusetzen.

PACK: Sie sind aber noch Vollzeit berufstätig neben der Kommunalpolitik?

Mählenhoff: Ja, klar! Das Bürgerschaftsmandat ist ehrenamtlich, da bekomme ich lediglich eine Aufwandsentschädigung.

PACK: Wie schätzen Sie die Chancen der Grünen ein?

Mählenhoff: Wir erwarten um 15 Prozent. Wir stehen auch ganz gut da, der Wahlkampf fängt jetzt an, wir haben da einige Veranstaltungen, bei denen wir unsere Positionen darstellen können. Ich war auf dem Maifest, da hatten wir einen Stand und die Resonanz war sehr gut. Ich denke da können wir zuversichtlich sein.

PACK: Wie stehen Sie zur Bürgerbeteiligung? Und vom Bürgerhaushalt?

Mählenhoff: Von Bürgerbeteiligung halte ich sehr viel. Wir haben das in der Vergangenheit bereits durchexerziert. Beispielsweise als es um den Grünstrand in Travemünde ging. Da haben die Bürger ihr Votum abgeben können, ob der Grünstrand bebaut werden soll, oder nicht. Diese Entscheidung wird nun auch in die Bürgerschaft weiter getragen. Auch bei Projekten wie „Soziale Stadt“ in Buntekuh und Moisling werden die Bürger stark mit einbezogen. Ebenso bei dem neuen Projekt „Lübeck, die lernende Stadt“. Da war ich bei der Vorstellung des Zwischenberichtes. Was da alles an Bürgerbeteiligung und an Ideen kam! Das finde ich sehr kostbar, das sollten wir ausbauen. Ich kann mir auch sehr gut einen Bürgerhaushalt vorstellen. Aus anderen Kommunen habe ich da Gutes gehört. Ich denke, wir sollten das in Lübeck versuchen. Aber im Zeitalter des Internets wird man da eine Lösung finden können. Wir haben 200.000 Bürger, die haben alle Ideen, die sollte man auch nutzen.

PACK: Ich bedanke mich sehr für das Gespräch!

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