Lukas Ruge | StudentenPACK.

Der Herr im Herrenhaus: Peter Dominiak.

StudentenPACK: Schleswig-Holstein hat sich eine neue Landesregierung gewählt und Sie hatten mit vielen der Spitzenkandidaten so genannte „Kamingespräche“ geführt. Glauben Sie an eine gute Zusammenarbeit mit der neuen Koalition?

Peter Dominiak: Es sieht mittlerweile so aus, dass wir eine gute Zusammenarbeit haben. Zuerst kannten wir ja nur den Koalitionsvertrag und waren sehr gespannt, aber die ersten hundert Tage der neuen Landesregierung sind jetzt auch vorbei und vor allem mit unserem Ministerium ist die Zusammenarbeit sehr gut.

PACK: Sie haben den Koalitionsvertrag angesprochen. Über den letzten zwischen CDU und FDP hatten Sie sich sehr zufrieden gezeigt, weil die Uni Lübeck darin explizit erwähnt wurde, dann musste die Uni um ihre Existenz kämpfen. Im neuen Koalitionsvertrag steht die Uni Lübeck nicht. Ein gutes Zeichen?

Dominiak: Es steht im neuen Koalitionsvertrag ja explizit etwas über die Stiftungsuni und das hatte uns zuerst etwas stutzig gemacht, weil es ein Rückschritt war, hinter das was wir mit dem vorherigen Ministerium bereits verabredet hatten. Wir hatten ja mit der alten Regierung noch kurz vor der Wahl ein Eckpunktepapier unterzeichnet. Aber mittlerweile stellen wir erfreut fest, dass das neue Ministerium uns sogar, was den Zeitplan angeht, antreibt, uns sehr unterstützt und insofern sieht es so aus, als wäre es das genaue Gegenteil vom letzten Mal. Diesmal ist das Koalitionspapier für die Uni Lübeck eher zurückhaltend, aber wir erfahren große Unterstützung. Daran sieht man, dass Koalitionsverträge oft anders gelebt werden als sie sich lesen.

PACK: Ursprünglich sollte die Uni 2013 bereits eine Stiftungsuni sein, aber das ist schon lange vom Tisch. Wann ist es soweit?

Dominiak: Ich bin an diesem Thema ja schon dran, solange ich überhaupt hier im Amt bin, nämlich 7,5 Jahre. Ich musste immer wieder erleben, wie die Uni Lübeck totgesagt wurde. Daher war das Stiftungsmodell immer mein Plan. Ursprünglich dachten wir, wir könnten das bis 2013 schaffen. Aber das hat sich alles immer weiter verschoben, weil die letzte Landesregierung gegenüber der Idee Stiftungsuni zunächst nicht so positiv eingestellt war. Dann konnten wir erleben wie Minister de Jager kurz vor der Wahl noch einen Aufschlag gemacht hat, warum brauche muss ich nicht näher ausführen. In dem Eckpunktepapier, welches wir dann mit Minister de Jager unterzeichnet hatten wurde der 1.1.2014 angepeilt. Jetzt gibt es einen neuen Zeitplan: Dazu gehört erst einmal, dass die Universität Stiftungsuniversität werden will, darauf wartet derzeit das Ministerium. Der Zeitplan sieht vor, dass der Senat darüber im Dezember abstimmt. Wir sind jetzt gerade dabei, mit den verschiedenen Gruppen der Universität Gespräche zu führen. Also mit dem wissenschaftlichen Personalrat, dem Personalrat der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter und jetzt, wo die Semesterferien vorbei sind, natürlich auch mit den studentischen Vertretern. Sofern AStA und Fachschaften der Idee zustimmen, werden wir auch gemeinsam eine Vollversammlung machen können, um das Thema mit den Studenten zu besprechen. Es gibt also einen Terminplan für die Kommunikation, den wir versuchen umzusetzen und wenn das alles gelingt, dann ist der Termin, den der Staatsekretär Fischer neulich auch den Lübecker Nachrichten genannt hat, der 1. Januar 2015. Da steht auch Ministerpräsident Albig fest dahinter, so dass ich glaube, wenn sich in der Uni eine satte Mehrheit finden lässt – eine leichte Mehrheit reicht da nicht, das müssen schon zwei Drittel sein – können wir das bis zum Januar 2015 auch schaffen.

PACK: Eine Stiftungsuni erfordert ein Stiftungsgesetz, das der Landtag verabschieden muss. Was wird darin stehen?

Dominiak: Ich will etwas ausholen. Man könnte das im Hochschulgesetz regeln. Die Landesregierung beabsichtigt auch ein neues Hochschulgesetz zu schaffen, aber das wird noch länger dauern. So muss es ein eigenes „Uni-Lübeck-Gesetz“ geben, also ein Stiftungsgesetz für die Uni Lübeck. Darin steht dann, dass wir in eine öffentlich-rechtliche Stiftung überführt werden, also nach wie vor eine staatliche Universität sind. Zudem wird darin auch stehen, wie die Stiftung ausgestaltet ist.

Es gibt derzeit zwei Modelle der öffentlich rechtlichen Stiftung: Das Niedersächsische Modell und das neuere, moderne Modell-Frankfurt einer Bürgeruniversität. Das Niedersächsische Modell, welches vom Wissenschaftsminister Oppermann eingeführt wurde, diente vor allem dazu, den Universitäten mehr Freiheiten zu geben. Das muss nicht über eine Stiftung geschehen, in Nordrhein-Westfalen wurde dies über das Universitätsfreiheitsgesetz geregelt. Aber Stiftung ist mehr als nur mehr Freiheit, sie erlaubt uns auch, Kapital zu bilden.. Ich mache mir da gar nichts vor, wir werden in den nächsten 20 oder 30 Jahren noch nicht so viel Kapital haben, dass man mit den Erträgen arbeiten kann. Wir werden also nach wie vor darauf angewiesen sein, genauso behandelt zu werden wie alle anderen Hochschulen hier im Land. Diese Gleichbehandlung der Uni Lübeck muss deswegen auch im Stiftungsgesetz stehen, wie es auch in Hessen für Frankfurt der Fall ist.

PACK: Können Sie hier und jetzt ausschließen, dass eine Stiftungsuniversität Lübeck einen Alleingang zur Einführung von Studiengebühren machen wird.

Dominiak: Studienbeiträge sind ausgeschlossen. Wir benötigen für das Stiftungs-Gesetz ja auch eine Mehrheit im Parlament und dort sind Studienbeiträge nicht vermittelbar, an der Uni übrigens auch nicht. Lübeck wird also keinen Alleingang machen. Gleichbehandlung mit den übrigen Hochschulen im Land heißt eben auch, dass die Uni Lübeck alleine keine Studiengebühren einführen kann.

PACK: Der Campus der Uni Lübeck ist derzeit eine Baustelle. Wieviel kommt da noch auf die Studenten und Mitarbeiter zu?

Dominiak: Für mich ist Baulärm ja der schönste Lärm, weil er bedeutet, dass es mit der Uni weitergeht. Niemand würde an einer Uni bauen, von der man sich nichts mehr erhofft. Derzeit entsteht auf dem Campus das CBBM, wo zu den wissenschaftlichen Gebieten Gehirn, Hormone und Verhalten geforscht werden soll. Als Student mag man da sagen: Was hab ich davon? Ich will in Ruhe studieren und nicht unbedingt Wissenschaftler werden. Das ist richtig, aber die Wissenschaftler, die die Vorlesungen und Praktika halten, bekommen eine wesentlich bessere und modernere Bleibe, bessere Möglichkeiten zu forschen und wenn man dann bereits als Student oder als frisch Examinierter eine Dissertation beabsichtigt, profitieren dann auch die Studentinnen und Studenten davon, dass es dieses Gebäude gibt und sie dafür Baulärm aushalten mussten.

Hoffentlich noch in diesem Jahr kommt eine weitere Bautätigkeit auf dem Campus hinzu. Das Fraunhofer-Institut für Marine Biotechnologiewird nahe der derzeitigen AStA-Baracke gebaut. Zudem wird begonnen, das Klinikum auszubauen. Es gibt ja bereits den Masterplan-Bau für die Kliniken in Lübeck und Kiel. Das wird vermutlich 2014 oder 2015 losgehen. Wir werden also für mehrere Jahre eine Baustelle haben. Das ist zwar für die, die hier gerade studieren oder arbeiten unangenehm, aber wenn man an die Zukunft denkt, ist das eine hervorragende Investition.

PACK: Beim nächsten Jahresempfang, so hat der Senat auf Ihren Antrag hin entschieden, soll der Bildungsministerin Anette Schavan der Ehrendoktor der Uni Lübeck verliehen werden. Frau Schavan kämpft derzeit gegen Plagiatsvorwürfe und um ihren eigenen Doktortitel. Wird der Titel dennoch vergeben?

Dominiak: Solange die Universität Düsseldorf die Vorwürfe gegen Frau Schavan untersucht kann sich niemand ein Urteil über ihre Dissertation erlauben. Warten wir das Ergebnis der Untersuchung ab und dann können wir weitersehen.

PACK: In der Presse konnte man lesen, dass Sie sich in Innsbruck um den Posten des Rektors der medizinischen Universität beworben haben. Warum?

Dominiak: Ich hatte mich tatsächlich in Innsbruck beworben. Die Position war für die Zeit nach meiner Amtszeit als Präsident der Uni Lübeck gedacht. Sie war für den 1. Oktober 2013 ausgeschrieben und es hätte eine Überschneidung von einem guten halben Jahr mit meiner Amtszeit in Lübeck bedeutet. Ich werde dieses Jahr 65 und kann nicht noch einmal für eine weitere Amtszeit gewählt werden. In Österreich spielt das Alter aber keine Rolle. Mich hätte die Aufgabe gereizt, aber nachdem die Liste der Bewerber aber der Presse gesteckt wurde, eine unmögliche Indiskretion, habe ich sofort meine Bewerbung zurückgezogen. Mit einer Universität die sich so indiskret verhält, will ich nicht zusammen arbeiten.

PACK: Wenn Ihre Amtszeit dann 2014 zu Ende ist, was passiert dann?

Dominiak: Nach der sechs-jährigen Amtszeit kann ein Präsident normal wiedergewählt werden, aber ich nicht mehr, weil ich dann über 65 Jahre alt sein werde. Also wird es auf jeden Fall einen neuen Präsidenten oder eine Präsidentin geben. Die Stelle wird rechtzeitig in der Presse veröffentlicht und über die Kandidaten berät laut Hochschulgesetz dann eine Findungskommission bestehend aus vier Mitgliedern des Senats und vier Mitgliedern des Universitätsrats. Diese Kommission schlägt dann mindestens zwei Kandidaten dem Senat vor. Der Senat wählt dann mit einfacher Mehrheit einen der vorgeschlagenen Kandidaten.

Lukas Ruge | StudentenPACK.

Das Highlight der Amtszeit war „Lübeck kämpft.“

PACK: Rückblickend auf die 7,5 Jahre zuerst als Rektor und dann als Präsident der Uni Lübeck. Was bleibt Ihnen als Highlight in Erinnerung?

Dominiak: Mein Highlight ist natürlich der Sommer 2010, wobei das ja gar nicht wie ein Highlight anfing. Zunächst war das für mich der Schock meines Lebens. Ich weiß das noch wie heute, als ich am Telefon saß und der NDR mir sagte, an der Universität Lübeck solle der Medizinstudiengang eingestellt werden. Ich hatte immer noch geglaubt, es stimmt vielleicht gar nicht, bis mich dann Minister de Jager anrief und es bestätigte. Ein Highlight wurde daraus, als ich sah wie eng dann die Zusammenarbeit mit allen war. Mit unseren Studenten, mit den Kolleginnen und Kollegen, mit allen MitarbeiterInnen der Universität, mit den anderen Lübecker Hochschulen und vor allem auch mit der Stadt. Die Bürger Lübecks haben sich wirklich unglaublich für die Uni engagiert und das war ja nicht immer der Fall. Man muss sich die Zahlen nochmal in Erinnerung rufen: Wir hatten damals circa 2600 Studenten und in Kiel haben dennoch 14.000 Menschen für den Erhalt unserer Uni demonstriert. Kurz darauf in Lübeck nochmal über 8000. Das wir das geschafft haben, war ein Highlight.

Und es war ja nicht das erste Mal, dass wir für die Uni kämpfen mussten. Ich war Rektor der Uni Lübeck als Minister Austermann 2005 aus den drei Universitäten des Landes eine Landesuniversität machen wollte. Damals haben wir gekämpft, um unsere Identität nicht zu verlieren. Auch 2005 haben wir mit den Studenten demonstriert. Thomas Kötter war damals AStA-Vorsitzender und hat mit uns eine Vollversammlung organisiert und danach die Demonstration. Das hat mich sehr beeindruckt. Demonstrationen habe ich als Student selbst miterlebt, ich bin ja 68er, wir haben zu dieser Zeit oft demonstriert. Aber diese gemeinsamen Demonstrationen zu erleben, zumal wenn man eine Universität leitet, das war schon gewaltig und auch sehr emotionalBeeindruckt hat mich übrigens, dass Minister Austermann den ganzen Tag in Lübeck war und mit den Studenten während der Vollversammlung und auf dem Jacobiplatz diskutiert hat. Das hat sich 2010 weder der Ministerpräsident noch ein Minister getraut. Er hat in der Vollversammlung und auf dem Jacobiplatz gestanden und sich auspfeifen lassen.Aber wir haben uns auch 2005 durchgesetzt. Wir sind auch wegen der Kämpfe und weil wir uns durchgesetzt haben heute so sicher wie nie und wenn wir das schaffen mit der Stiftungsuniversität sind wir noch sicherer.

PACK: Warum ist eine Stiftungsuniversität sicherer?

Dominiak: Natürlich können auch Stiftungen aufgelöst werden. Aber, man muss sehen, dass seit 2010 die Lübecker sehr stark hinter Ihrer Uni stehen. Und jeder Euro, den die Lübecker Bevölkerung einer Stiftungsuni spendet, macht die Uni sicherer. Weil keine Landesregierung sich trauen kann, eine Stiftung aufzulösen, in die so große Teile der Bevölkerung gespendet haben. Was glauben Sie, was das für einen Aufschrei auslösen würde?

PACK: Aufgrund der Doppeljahrgänge und dem Aussetzen der Wehpflicht kommen mehr Studenten auch nach Lübeck. Dieses Semester sind über 600 Erstsemester an die Uni gekommen, insgesamt haben wir mehr als 3300 Studenten. Wie viel kann die Uni noch aushalten?

Dominiak: In Schleswig-Holstein kommt der Doppeljahrgang erst 2016 und wir haben dieses Jahr den Sättigungsgrad erreicht. Da wir fast keine „Bleistiftfächer“ haben, sind wir auf Laborplätze angewiesen, die besonderer Ausstattung bedürfen.Laborplätze sind aber sehr teuer, also werden wir nicht eine teure Ausstattung aufstellen können, die danach wegen der angeblich sinkenden Studentenzahlen nicht mehr benötigt wird. Für Lübeck wird das zur Folge haben, dass der Numerus clausus in diesen Fächern noch strenger wird. Andererseits helfen uns natürlich auch ansteigende Bewerberzahlen denn wenn man immer bei 2000 Studenten herumdümpelt, ist die Existenz der Universität gefährdet. Ich freue mich, dass wir jetzt so viele sind.

PACK: Haben Sie etwas, was Sie den Erstsemestern mit auf den Weg geben möchten?

Dominiak: Ich hoffe, dass sie sich in dieser kleinen Universität wohl fühlen. Es ein großer Vorteil hier zu studieren, weil man sich schneller kennen lernt, nicht nur Studenten untereinander, sondern auch Dozenten und Studenten.

Versuchen Sie so viel wie möglich neben Ihrem Studium mitzunehmen, das ist ganz wichtig. Lübeck bietet ja einiges und die Uni bietet das Studium Generale, Sonntagsvorlesungen und das Literarische Colloquium an. Engagieren sie sich in den Fachschaften und im ASTA, spielen sie im Uniorchester, in der Theatergruppe oder bei den Popsymphonics mit oder singen sie im Chor.

PACK: Vielen Dank für das Gespräch.

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