Philipp Bohnenstengel | StudentenPACK.

Brauen, mitten in der Schankstube

Drei Liter Bier am Tag, gezahlt von der Stadt. Das ganze Leben lang. Klingt nach dem Traum jedes Studenten, war aber die Realität im 15. Jahrhundert. Fast 200 Brauereien versorgten die gut 20.000 Bürger der Hansestadt Lübeck täglich mit Bier. Drei Liter für jeden ob jung oder alt. Wasser genießbar zu machen war eine Herausforderung, aber die Bierherstellung hatte man gemeistert und so erhielt jeder Bürger seine rationierten drei Liter. Kinder noch mit kaum Alkohol, die alten Männer, und mit Mitte dreißig war man bereits ein alter Mann, konnten Bier mit bis zu 16 Prozent Alkohol genießen.

Dies sind die Geschichten, die man zu hören bekommt, wenn man im Brauberger, der letzten verbliebenen Brauerei Lübecks, ein Tour mitmacht. In den 800 Jahre alten Gewölben, dort wo einmal die Stadtmauer stand, erhält man eine Einführung in die Geschichte des beliebten Getränks bevor man zu sehen bekommt, wie es gemacht wird. Denn im Brauberger macht man das Bier nicht nur selbst, man macht es mitten in der Gaststätte.

Modern und Traditionsbewusst

Heute hat das Bier keine 16 Prozent mehr, lediglich 4,5 Prozent. Das hat hauptsächlich gesetzliche Gründe. Natürlich ist auch die Brautechnik moderner geworden, aber davon abgesehen macht man Bier noch immer wie vor 500 Jahren, das deutsche Reinheitsgebot lässt es gar nicht anders zu. Wasser, Gerste, Hopfen, Hefe. Mehr nicht. Das gilt selbstverständlich auch im Brauberger. Das Gebäude selbst ist nicht so alt wie sein Keller, aber es hat immerhin auch schon über 100 Jahre auf dem Giebel. Von 1919 bis 1983 beherbergte es eine Eisenwarengroßhandlung namens „Vageler & Christiansen“, deren Namen zur allgemeinen Verwirrung immernoch die Fasade des Hauses ziert. Seit 1989 findet sich hinter dieser Aufschrift die Gaststätte Brauberger.

Wer das Brauberger betritt, sieht als erstes die großen Kupferkessel, einer davon ist der Sudkessel. Der Kessel fasst 1000 Liter und hier beginnt die Bierherstellung. Neben dem Wasser wird Malz hinzugefügt, eine Art Gerstenschrot. Dies wird auf 60°C erhitzt und es entstehen Stärke und Zucker, „Maischen“ nennt sich das. Weiter geht es im zweiten großen Behälter in der Gaststätte, dem im oberen Stockwerk. Im sogenannten Läuterbottich, einem großen Filter, trennen sich Malztreber (das, was von der Gerste übrig blieb) und die Flüssigkeit, die jetzt Bierwürze heißt. Der feste Teil spielt für das Bier keine Rolle mehr, taugt aber als Tierfutter, regelmäßig holt daher ein Bauer die Malztreber ab.

Die Bierwürze fließt wieder in den unteren Behälter, wo sie zum Kochen gebracht wird und der Hopfen beigegeben wird. Schlussendlich geht es in den Kühlraum. Dort kommt die Hefe hinzu und das Bier wird auf 10°C für eine Woche in Gärtanks gelagert. Die Hefe kann man immer wieder benutzen, sie setzt sich am Boden des Tanks ab, da es sich um eine untergärige Hefe handelt. Nach etwa sieben Tagen wechselt das werdende Bier noch einmal den Tank. In den Lagertanks verbringt es noch einmal vier Wochen bis es bereit ist, getrunken zu werden.

Nur im Brauberger

Das Resultat der Bemühungen kann man nur an einem Ort kaufen, im Brauberger selbst. Nirgends sonst steht das Bier zum Verkauf. Immerhin, 60.000 Liter gehen dort jedes Jahr über den Tisch, im Winter übrigens mehr als im Sommer. Das Bier sieht trüber aus als man es aus dem Supermarkt gewohnt ist. Das liegt mit daran, dass noch etwas Hefe im Bier verbleibt. Man nennt ein solches Bier ein Zwickelbier, ein ungefiltertes, naturtrübes Bier, welches direkt nach dem Nachgärungsprozess ausgeschenkt wird.

Die Herstellung ist natürlich teurer als in großen Brauereien und die Produktionskosten für einen Liter Bier liegen bei über einem Euro. Damit wird man zwar nicht Millionär, aber es reicht um das Brauberger, die letzte Brauerei der Hansestadt, am Leben zu halten.

Wer das Zwickelbier des Braubergers ausprobieren möchte kann dies montags bis samstags ab 17 Uhr tun, dann hat das Brauberger geöffnet. Zum Bier gibt es herzhaftes Essen und dienstags ein All you can eat-Buffet.

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