Philipp Bohnenstengel | StudentenPACK.

Damals als unsere Universität gegründet wurde, gab es ausschließlich den Medizinstudiengang. Seit 1993 wird auch Informatik mit vier verschiedenen Anwendungsfächern angeboten. Die Anwendungsfächer waren Medizinische Informatik, Bioinformatik, Robotik und Automation und Medieninformatik. Einige Jahre später kam Moelecular Life Science dazu und darauf folgte die Mathematik mit Computational Life Science, was jetzt Mathematik in Medizin und Lebenswissenschaften heißt. Zu guter letzt wurde 2007 der Studiengang Medizinische Ingenieurwissenschaft gegründet. Doch im letzten Wintersemester veränderte sich etwas an der MINT, aus dem Informatik-Anwendungsfach Medizinische Informatik wurde ein neuer eigenständiger Studiengang gemacht. (Das PACK berichtete) Im nächsten Herbst kommt noch ein Neuer an die MINT: Infection Biology.

Was genau ist eigentlich dieses „Infection Biology“? Und wozu braucht man sowas? Mag sich jetzt manch einer fragen. „Infection Biology“ zu Deutsch Infektionsbiologie, beschäftigt sich mit der Biologie von Infektionen, also AIDS, Tuberkulose, Malaria, Hepatitis, MRSA und anderen noch zu unerforschte Krankheiten. Thematisch geht der neue Studiengang auf alle relevanten Themen in Bezug auf Infektionen ein. Mit molekularer Infektionsbiologie und vertiefenden Kenntnissen in Modellsystemen für die Infektionsforschung, werden den Studierenden auch Themen, wie Dokumentation, Präsentation und Publikation von Arbeiten näher gebracht. Weiterhin beinhaltet Infection Biology die Ausbildung in Grund- und Spezialkenntnissen im praktischen Arbeitsschutz und das Erlernen von praktischen Fertigkeiten für die Erforschung komplexer infektionsbiologischer Prozesse, beteiligter Strukturen und ihrer Anwendung für den Patienten. Die Studierenden lernen im Rahmen des Studiums auch die klinischen Bilder der einzelnen Krankheiten kennen und werden auf eine Karriere in der Forschung, Lehre und Industrie vorbereitet. Dazu wird den Studierenden ein ethisches Bewusstsein vermittelt in Bezug auf gesellschaftlichen Diskurs über Forschung und ihre Auswirkungen.

Infection Biology wird in Lübeck als reiner Masterstudiengang angeboten und wendet sich an eine kleine Zielgruppe. Neben MLS-Bachelorabsolventen, richtet sich das Angebot auch an Studienabgänger der Biologie, Human- oder Tiermedizin. Da das Studium auf Englisch stattfinden wird, ist der Studiengang besonders für „Bildungsausländer“, das sind Studenten, die ihr Grundstudium nicht in Deutschland absolviert haben, interessant. „Wir hoffen, damit auch ausländische Studierende anzusprechen, in deren Heimatländern Infektionskrankheiten ein größeres Problem darstellen.“, erklärt Studiengangsleiter der MINT Professor Till Tantau. Mit mehreren Einzelmodulen in den ersten zwei Semestern, zwei Blockpraktika im 3. Semester und der Masterarbeit im 4.Semester, ist Infektionsbiologie ähnlich dem Molecular Life Science Master aufgebaut.

Angeboten wird dieser Studiengang von der Universität zu Lübeck und dem Forschungszentrum Borstel. Professor Ulrich Schaible vom Forschungszentrum wird den Studiengang leiten. Wie es dazu kommt, dass ein Professor vom Forschungszentrum Borstel einen Studiengang an unserer Uni leitet? Das Forschungszentrum Borstel und die Uni Lübeck arbeiten in Bezug auf Infektionsforschung eng zusammen. So sind auch Mitarbeiter des Forschungszentrums bereits in der Lehre für den Studiengang MLS involviert. Des Weiteren sind Borstel, Lübeck und Hamburg Partner im Nordstandort des Deutschen Gesundheitszentrums für Infektionsforschung. Da bietet es sich also an einen vertiefenden Masterstudiengang der Infektionsbiologie ins Leben zu rufen. „Der Studiengang soll sehr klein sein, damit wir eine gute persönliche Betreuung der Studierenden ermöglichen können.“, erklärt Professor Schaible das Konzept des Studiengangs. „Außerdem haben wir ein sehr gutes Netzwerk für Praktikumsplätze auch außerhalb von Lübeck und Borstel.“, so Schaible weiter über die Perspektiven des neuen Masters. Infektionen werden auch in der Zukunft ein wichtiges Tätigkeitsfeld in Forschung und Lehre sein und im Herbst geht es bei uns an der Uni so richtig los.

Was gibt es sonst noch so neues?

Da die Medizinische Informatik zu einem „richtigen“ Studiengang geworden ist, suchte man in der Informatik nach einem neuen vierten Anwendungsfach. Mit „IT-Sicherheit und Zuverlässigkeit“ wurde dies gefunden. IT-Sicherheit ist ein Begriff, unter dem sich wohl jeder etwas vorstellen kann. Es geht darum IT-Systeme sicherer zu machen gegen Angriffe von außen. In der heutigen Zeit gibt es fast täglich Meldungen über neue Spyware, Malware, Viren und Würmer, die sich auf unsere Computer einschleichen und ihr Unwesen treiben. Dabei steht auch Datensicherheit und Kryptologie auf dem Programm des neuen Anwendungsfachs. Doch im Namen steht nicht nur etwas von „Sicherheit“ sondern auch das Stichwort „Zuverlässigkeit“. Hierbei geht es um die Zuverlässigkeit von Systemen, also die Minimierung von Fehlern. „Das IT-System eines Atomkraftwerks darf nicht versagen, da dürfen keine Bugs auftreten.“, erklärt Professor Tantau eines der Anwendungsgebiete des Anwendungsfachs. Dass ein System zuverlässig ist und funktioniert lässt sich auf verschiedenste Arten beweisen, von einem einfachen Test, indem man das Programm lediglich ausprobiert, bis hin zu theoretischen Beweisen ist hier alles möglich. Jeden Tag werden neue Service-Packs und Bugfixes veröffentlicht, denn wirklich zuverlässige IT-Systeme sind bis jetzt noch nicht allgegenwärtig. Der neue Schwerpunkt konzentriert sich auf das Entwerfen von sicheren und zuverlässigen IT-Systemen in Bezug auf Hard- und Software.

„Wir hoffen, dass wir die Akkreditierung bis zum Wintersemester schaffen, dann werden wir zwar wenig Werbung machen können, aber hoffentlich kommen doch Einige zu uns und studieren das neue Anwendungsfach.“ Berichtet Tantau von der Planung der neuen Informatikvertiefung. Drei Informatik-Institute der Uni sind an der Planung beteiligt, neben dem Institut für Technische Informatik sind auch das Institut für Softwaretechnik und Programmiersprachen und das Institut für Theoretische Informatik dabei. Das erste sichtbare Zeichen für die Existenz dieses neuen Anwendungsfach wird die Vorlesung „Einführung in die IT-Sicherheit“ sein. Mit 40-50 Studierenden rechnen die Initiatoren auf Dauer, zwar noch nicht im ersten Semester, da die Zeitspanne in der sich die neuen Erstsemester für dieses Anwendungsfach einschreiben können sehr kurz sein wird, aber ab dem nächsten Jahr soll es dann richtig los gehen mit der IT-Sicherheit und Zuverlässigkeit an unserer Uni.

„Ich denke dieses Anwendungsfach ist sehr attraktiv für Studienanfänger im Bereich der Informatik. Wir sprechen damit ein sehr großes Publikum an. Die IT-Sicherheit bringt für manche auch ein gewisses Hacker-Flair mit sich, daher denke ich, dass der Schwerpunkt sehr gut angenommen wird. “, so Tantau über die Erwartungen an das neue Anwendungsfach.

Im Allgemeinen ist Informatik mit Anwendungsfach IT-Sicherheit und Zuverlässigkeit genauso aufgebaut wie bei den anderen Anwendungsfächern. Mindestens 28 ECTS-Punkte bestehen aus den Schwerpunktfächern. Diese Zahl kann der Studierende beliebig erhöhen, indem er seine Projekte und die Bachelorarbeit auch in seinem Anwendungsfach schreibt. Somit kann der Anteil, den das Anwendungsfach am Studium hat zwischen einem Fünftel und einem Drittel der ECTS-Punkte im Bachelor liegen. Drei Jahre nachdem das neue Anwendungsfach im Bachelor das erste Mal angeboten wurde, wird auch ein Master mit dieser Vertiefung angeboten. Hier wird der Schwerpunkt auf Kryptologie und abhörsicheren Verfahren liegen, auch Anwendungen in der Wirtschaft und Kriminalistik stehen auf dem Studienplan. Die Absolventen der Informatik mit IT-Sicherheit und Zuverlässigkeit im Anwendungsfach sind sehr gefragt, da der größte Teil des Gesamtaufwandes bei der Entwicklung von Software-Systemen beim Testen liegt. Wenn fehlerlose Systeme gebaut werden könnten, würde dies wegfallen, oder minimiert werden können. Auch das macht das neue Anwendungsfach so attraktiv.

Erasmus Mundus: European Master of Medical Micro Robotics

Wer sich jetzt fragt, was genau das jetzt wieder ist und wer das wie, wo und wann einführen will, der sei beruhigt, hier kommt die Erklärung: Fangen wir mal vorne an, Erasmus Mundus hat, wie der Lateiner schon herausgefunden haben mag, mit der Welt (lat. Mundus = Welt) zu tun. Erasmus Mundus ist ein Programm der Europäischen Kommission für die „qualitative Verbesserung der Hochschulbildung durch Stipendien und wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Europa und der übrigen Welt“. Gefördert werden, unter anderem, gemeinsame Masterstudiengänge an Universitäten in verschiedenen Ländern Europas. Genau so etwas ist der European Master of Medical Micro Robotics. Geplant ist eine Zusammenarbeit zwischen unserer Universität, einer Hochschule in Brüssel und einer in Besançon. Besançon, das ist eine Stadt in Frankreich, die ungefähr 60 Kilometer von der Grenze zur Schweiz entfernt liegt. Dort in Besançon kam ein Professor auf die Idee einen Master Studiengang mit dem Namen Medical Micro Robotics ins Leben zu rufen. Die Lehre soll nun zwischen Lübeck Brüssel und Besançon aufgeteilt werden. Geplant ist, dass die Studierenden ihr erstes Semester in Besançon verbringen, das zweite in Lübeck, das dritte in Brüssel und im vierten Mastersemester werden Blockpraktika und Masterarbeit in einer Stadt der Wahl durchgeführt. Voraussetzung für einen Studienplatz in diesem neuen Zukunfts-Master ist allerdings nicht nur, dass die englische Sprache beherrscht wird, sondern auch Französisch muss der Bewerber nachweislich fließend sprechen können. Dazu kommt, dass allein das Fach schon sehr speziell ist.

Für wen das jetzt schon äußerst abgefahren und kompliziert klingt, der schaue sich die verwaltungstechnischen Probleme an. Wo wird solch ein Studiengang überhaupt akkreditiert? Wer stellt das Zeugnis aus? Wie soll dieses Zeugnis aussehen? Wie werden die Studierenden an der Uni eingeschrieben sein? Auf all diese Fragen weiß auch Professor Tantau noch keine Antwort, denn der European Master of Medical Micro Robotics ist noch Zukunftsmusik. Vielleicht kann man bald auch diesen spannenden Master-Studiengang hier in Lübeck (zumindest teilweise) studieren. Das StudentenPACK wird für euch berichten.

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