Lukas Ruge | StudentenPACK.

Die Universität zu Lübeck arbeitet an einer Umstrukturierung unter dem Begriff „Univision 2020“, dazu gehört auch das Streben danach, Stiftungsuniversität zu werden.

Die Zukunft der Universität zu Lübeck zu verstehen, ist dieser Tage bei weitem keine triviale Angelegenheit. Das Stichwort ist dabei das Wort „Stiftungsuniversität“, denn diese ist der zentrale Baustein des sogenannten Projekts „Univision 2020“, einem Projekt welches die Leitung der Universität angestoßen hatte, um die Universität für die Zukunft besser zu positionieren. Diese Restrukturierung begann schon vor der Untergangspanik, „Lübeck kämpft“ und den Demonstrationen des Jahres 2010, doch durch die neue Aufmerksamkeit der Presse für die Angelegenheiten an der Uni selbst hat auch die Strukturveränderung mehr Aufmerksamkeit erhalten.

Doch mit mehr Aufmerksamkeit ist nicht zwangsläufig eine gestiegenes Verständnis einhergegangen. Die Grenze zwischen einer Stiftungsuniversität und einer Privatuniversität scheinen in den Diskussionen zu verschwimmen, rationale Befürchtungen vermischen sich mit irrationalen Ängsten.

Die „Univision 2020“ begann mit der Auflösung der Fakultäten (StudentenPACK, November 2009), die nun Sektionen heißen und deshalb besser kooperieren sollen, und fand ihren zweiten großen Schritt in der Gründung des Wissenschaftscampus, der nun den unaussprechlichen Namen BioMedTec-Wissenschaftscampus trägt und auch dafür sorgen soll, dass Forschungseinrichtungen und Hochschulen besser zusammenarbeiten. Die Universität soll in dieser Vision zudem ihr Profil schärfen, sich als „Profiluniversität“ etablieren. Der nächste Schritt, im Jahre 2014, soll die Umwandlung der Universität zu Lübeck zu einer Stiftungsuniversität sein. Dieser Termin ist wohl mit Vorsicht zu genießen. In einem Interview 2010 erklärte Präsident Dominiak gegenüber dem StudentenPACK (November 2010), die Stiftungsuniversität käme 2013, zuvor sollte es noch früher sein.

Doch nun bewegt sich etwas. Am 16. April unterzeichnete das Präsidium der Universität und der Wissenschaftsminister Jost de Jager ein Eckpunktepapier, welches den Weg hin zur Stiftungsuniversität ebnen soll. Ein entsprechendes Gesetz soll am 1. Januar 2014 in Kraft treten.

Juristische Personen

Ein Verständnis dafür zu entwickeln, was die Chancen und Gefahren der geplanten Veränderungen sind, erfordert ein Verständnis für die rechtliche Grundlage auf der Universitäten in Deutschland operieren. Es heißt, im Ansatz zu verstehen, was eine Stiftung ist und was sie von einer Körperschaft unterscheidet. Das ist alles recht trocken und man mag sich denken, dass man genau deswegen nicht Jura studiert hat, um all dies nicht wissen zu müssen, aber jetzt betrifft es unsere Universität. Da scheint es notwendig, dann doch Google und Wikipedia zu bemühen ein paar Studien und Stellungnahmen und den einen oder anderen Gesetzestext zu lesen, um sich ein Bild zu machen. Genau das habe ich getan.

Die Universität zu Lübeck ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Um zu verstehen, was dies für Bedeutung und Konsequenzen hat, lohnt es sich, diesen Begriff zu dekonstruieren. Eine Körperschaft zu sein bedeutet, dass man eine Vereinigung ist, deren Existenz zwar auf ihren Mitgliedern beruht, die aber von konkreten Mitgliedern unabhängig ist. Soll heißen, die Universität zu Lübeck ist jedes einzelne Mitglied, jeder Student, Mitarbeiter, Professor oder Ehrenmitglied. Doch die Körperschaft bleibt bestehen, auch wenn die Gruppe der Mitglieder sich verändert. Eine Körperschaft ist eine juristische Person. Juristische Personen sind eine Gruppe von Menschen, welche vor dem Gesetz als eine solche Person Rechte und Pflichten wahrnehmen können, zum Beispiel das Recht etwas zu kaufen oder gegen jemanden zu klagen. Die Körperschaft ist nur einen von vielen Unterarten dieser seltsamen Art von Person, jedes Bundesland ist eine juristische Person, genauso ist Deutschland selbst eine, der Kaninchenzüchterverband, das ZDF, die Nationalbibliothek, der BVB und Volkswagen. Der BVB und Volkswagen sind, wie viele Vereine und Aktiengesellschaften, ebenfalls Körperschaften, aber eine andere Art von Körperschaft, eine des privaten Rechts. Der Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts ist für bestimmte Gruppen reserviert, darunter fallen die Länder, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, einige Kammern, wie zum Beispiel die Ärztekammer, und eben Universitäten.

Jene Körperschaften des öffentlichen Rechts existieren, damit sich bestimmte Gruppen selbst verwalten können. Damit die Bundesländer gewisse Dinge unabhängig vom Bund tun können, die Gemeinden unabhängig vom Land und eben auch die Universitäten einiges haben, was sie für sich entscheiden. Dieser Status gibt der Universität eine gewissen Unabhängigkeit, sie kann eine eigene Satzung beschließen, die für ihre Mitglieder gültig ist.

An diesem Privileg, sich eine Satzung geben zu können, würde sich nichts ändern, wenn die Universität eine Stiftungsuniversität würde. Weiterhin wäre die Uni Lübeck eine staatliche Universität und nach wie vor würde sie vom Land den Zuschuss für Forschung und Lehre erhalten. Doch wenn sich nichts ändert, warum ist es dann besser?

Nun, ein bisschen ändert sich schon. Als Referenz empfiehlt sich das Land Niedersachsen. Vielleicht kein idealer Vergleich, weil das Land finanziell besser dasteht als Schleswig-Holstein (warum das Bedeutung hat, zeigt sich später) und auch, weil jedes Land andere Stiftungsgesetze hat – dafür hat Niedersachsen aber bereits vor fast 10 Jahren begonnen, Universitäten in ein Stiftungsmodell zu überführen. Die Universitäten in Göttingen, Hildesheim, Lüneburg, Osnabrück und Hannover sind seit 2003 Stiftungen des öffentlichen Rechtes. Die Regeln dieser Transformation bestimmt das Niedersächsische Hochschulgesetz (§ 55).

In dieser neuen Regelung ist in Niedersachsen nicht mehr das Land der Dienstherr aller Beschäftigten der Uni, vom Präsident bis zum Hiwi, sondern die Universität selbst. Die Hochschule kann eigenständiger neue Professoren berufen und neue Studiengänge werden unabhängig akkreditiert, anstelle vom Land genehmigt zu werden. Die Universität wird auch zum Dienstherr der Professoren, anstelle von unmittelbaren Beamten des Landes werden sie zu mittelbaren Beamten. Nicht alle sehen das als etwas Positives: Fünfzehn Göttinger Professoren haben Klage eingelegt. Keine unwichtigen Details, aber dies sind nicht die Änderungen über die diskutiert wird. Wie so oft, geht es um Geld.

Was ist eigentlich eine Stiftung?

Würde die Lübecker Universität zur Stiftungsuniversität werden, so würde die juristische Person ihre Rechtsform ändern. Aus einer Körperschaft des öffentlichen Rechts würde eine rechtsfähige Stiftung des Öffentlichen Rechts. Die Universität ist dann nicht mehr definiert durch ihre Mitglieder, sondern durch ihr Kapital, das sogenannte Stiftungsvermögen. Keine Stiftung kann ohne ein solches existieren, denn eine Stiftung ist letztendlich nichts anderes als Geld mit einem Zweck. Jede Person, natürliche wie juristische, kann eine Stiftung gründen. Er oder Sie muss dafür einen Namen ersinnen (in diesem Falle „Universität zu Lübeck“), der Stiftung einen Sitz geben (Hansestadt Lübeck), einen Zweck bestimmen (In Niedersachsen ist dies „durch einen eigenverantwortlichen und effizienten Einsatz der der Stiftung überlassenen Mittel die Qualität von Forschung, Lehre und Studium und Weiterbildung an der Hochschule zu steigern“, § 55 des Niedersächsisches Hochschulgesetzes), ein Vermögen bereitstellen (zum Beispiel Land oder Gebäude oder natürlich Geld), und einen Vorstand bilden (zumindest in Niedersachsen ist in diesem Vorstand kein Student). Die Stiftung finanziert sich dann über die Erträge des Vermögens, welches selbst nicht angerührt wird.

Im Falle der Universität wäre der Stifter die juristische Person Schleswig-Holstein, denn dem Land gehört die Hochschule derzeit, und wenn ein Land stiftet, dann benötigt es ein Gesetz, ein Stiftungsgesetz. In diesem Stiftungsgesetz legt das Land all die beschrieben, notwendigen Details fest (Name, Zweck, Satzung…) fest und wenn es möchte auch noch mehr. Über dieses Stiftungsgesetz ist es daher möglich, der Universität die Option zu lassen, eigenständig Studiengebühren zu erlassen aber genauso, es endgültig unmöglich zu machen. Es ist genau dieses Gesetz, was Jost de Jager für den 1. Januar 2014 versprochen hat.

Auch das Stiftungsvermögen wird festgelegt und im Falle der Universität zu Lübeck könnte es sich dabei um ein eher symbolisches Vermögen handeln. Sicherlich keines, welches die rund 50 Millionen Euro, welche die Universität jedes Jahr benötigt, in Zinsen abwirft, denn ein solches Vermögen hat das Land nicht abzugeben. So etwas ist nicht neu, auch andere Stiftungen des öffentlichen Rechtes sind gegründet worden, ohne nennenswertes Stiftungsvermögen. Diese Stiftungen sind dauerhaft auf Geld vom Land angewiesen, man spricht von einer Zuwendungsstiftung. Dieser Betrag, der Haushalt der Stiftung, kann neu verhandelt werden, bei vielen Stiftungen muss er jedes Jahr vom Parlament neu beschlossen werden. Im Niedersächsischen Hochschulgesetz heißt es: „Die Stiftung erhält zur Erfüllung ihrer Aufgaben eine jährliche Finanzhilfe des Landes nach Maßgabe des Haushalts“ (§ 56 (4)). Die finanzielle Sicherheit der Stiftung ist daher nicht rosig. Sie ist, wie auch die Körperschaft, von der oft unberechenbaren Geberlaune des Landtags abhängig. Woher kommt also das Gerede von finanzieller Unabhängigkeit?

Die finanzielle Unabhängigkeit erreichen Stiftungen des öffentlichen Rechts nicht durch die jährlichen Zuwendungen des Staates, die sie ohnehin ausgeben müssen, um ihren Pflichten nachzukommen, sie erreichen finanzielle Unabhängigkeit durch Spenden. Im Gegensatz zur Körperschaft des öffentlichen Rechtes können Stiftungen nahezu unbegrenzt Geld anhäufen. Diese Spenden können entweder ausgegeben werden oder aber genutzt werden, um das Stiftungskapital zu vergrößern. Die jährlichen Zinsen auf dieses vergrößerte Kapital werden so zur finanziellen Sicherheit, zu einer langsam anwachsenden Summe an Unabhängigkeit.

Die finanzielle Krux

Doch mit dieser Unabhängigkeit ist eine der größten Ängste der Kritiker des Stiftungsmodells verbunden. Was hindert einen zukünftigen Landtag daran, jene Sicherheit als Argumentation zu nutzen, den Landeszuschuss an die Stiftungsuniversität zu kürzen? Genau genommen, so ehrlich muss man sein, nichts. Stiftungsgesetze oder andere Gesetze, welche die Höhe der Zuwendungen festlegen, lassen sich mit einfacher Mehrheit im Landtag ändern. Sollte der Etat in jedem Haushalt neu verhandelt werden oder mit jeder neuen Zielvereinbarung, ist er genauso unsicher.

Bis zum Jahr 2020 müssen die Länder in Deutschland ihre Nettokreditaufnahme auf Null senken. So steht es seit 2009 im Grundgesetz und seit Mai 2010 auch in der Schleswig-Holsteiner Landesverfassung. Das heißt, dass ab 2020 keine Schulden mehr aufgenommen werden dürfen, außer zur Tilgung von Altschulden (zum Beispiel Zinsen), sich die Menge der Schulden daher nicht vergrößert kann, sich im besten Falle sogar reduziert. Für diese Regelung hat sich der Begriff Schuldenbremse etabliert. 2020 ist auch die symbolische Deadline für die rechtliche Neuordnung der Universität in Lübeck, die „Univision 2020“.

Im Zusammenhang mit der Schuldenbremse in der Verfassung wird bis zum Jahr 2020 der Spielraum im Haushalt des Landes noch unvorstellbar klein werden. Die Argumentation, den Etat einer Universität, die jährlich selbst Teile ihres Haushaltes durch ihre Stiftungsrücklagen finanzieren kann, zu kürzen, mag angesichts knapper Kassen vielen im Land wie eine bessere Lösung erscheinen als jenen die Zuschüsse zu kürzen, die sich nicht mit Stiftungskapital über Wasser halten können. Es mag auch vielen Bürgern im Land richtig erscheinen. Wenn die Uni Lübeck Millionen Euro in der Hinterhand hat, warum dann bei Frauenhäusern, Blindengeld oder Anderem schwer verständliche Kürzungen vornehmen. Was also, fragen die Kritiker, wenn man beginnt uns die Gelder zu kürzen.

Das mit dem Ministerium vereinbarte und am 16. April vorgestellt Eckpunktepapier legt fest, dass die Vereinbarungen mit der Universität zu Lübeck weiterhin in den Zielvereinbarungen mit allen anderen Schleswig-Holsteiner Hochschulen zusammen getroffen werden. Die Universität zu Lübeck soll also nicht anders behandelt werden können als die anderen Hochschulen. Aber natürlich kann, gerade bei knappen Kassen, jede Vereinbarung zurückgezogen und durch eine neue ersetzt werden. Jede Zusage, dies werde nicht geschehen, ist in Wirklichkeit lediglich eine Hoffnung. Es gibt keine Garantien dort, wo Politik und Geld aufeinandertreffen. Zudem kann bei jeder mit einem Gesetz geschaffenen Stiftung ihre Rechtsform durch ein weiteres Gesetz jederzeit wieder geändert werden.

Abhängigkeit von der Wirtschaft?

Wenn knappe Landeskassen Angst machen, dann wird in der deutschen Hochschullandschaft schnell von Drittmitteln gesprochen. Geld, welches ein Institut oder eine Forschergruppe zusätzlich zu den Zuschüssen vom Land für die Forschung an der Universität erhält. Viele dieser Drittmittel kommen vom Bund oder aus der EU, aber natürlich auch aus der Industrie. Drittmittel machen von Landesgeldern unabhängig, aber sie machen nicht völlig unabhängig. Wer sich über Drittmittel finanziert, benötigt immer neue, um die Nachfolgefinanzierung zu sichern. Auch eine Stiftungsuniversität birgt solche Gefahren, argumentieren die Kritiker.

Es gibt in Deutschland über 400 sogenannte Stiftungsprofessuren. Das sind Stellen, die aus einem gestifteten Kapital bezahlt werden. Überwiegend stammt dieses Geld aus der Industrie. Durch Geld von Volkswagen oder anderen Unternehmen mit Gewinninteresse wird eine Professur gestiftet, meist zeitlich begrenzt. Sie nutzen dann kostenlos die öffentliche Infrastruktur, weil sie an den Forschungsergebnissen interessiert sind. Ein Geschenk, das sicher kaum eine Universität ablehnen würde – eine zusätzliche Professur verbessert Forschung und Lehre enorm. Doch Forschung, die dem Geldgeber nicht genehm ist, kann man sich dann kaum leisten. Thorsten Bultmann, Geschäftsführer des Bundes demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sieht darin im „ruprecht“, der Heidelberger Studierendenzeitung, 2007 einen „wachsenden und öffentlicher Kontrolle entgleitenden Einfluss mächtiger gesellschaftlicher Privatinteressen. Diese nutzen die staatliche, das heißt öffentlich finanzierte, Infrastruktur quasi als ‚Gratisproduktivkraft‘ mit, um so den Ertrag der unmittelbar privat erbrachten Investitionssumme zu vermehren.“ Für ihn ist das der langsame Verlust der öffentlichen Kontrolle. „Umgekehrt proportional nimmt der Einfluss des politischen Souveräns der Bürgerinnen und Bürger ab. Demokratietheoretisch gesprochen: Eine höchst bedenkliche Entwicklung.“

Deshalb befürchten Kritiker, dass aus einer finanziellen Abhängigkeit auch eine geistige Abhängigkeit werden kann. Die größte Angst lautet Public Private Partnership (PPP). Ein Begriff, der aus der Diskussion um das UKSH bekannt klingt. Beim UKSH ist das Modell, dass ein privater Investor die Gebäude kauft und saniert und dann dem UKSH vermietet, sich die öffentliche Hand aber um die Krankenversorgung kümmert. Im Falle von Universitäten befürchten Kritiker des Stiftungsuniversitäskonzepts, dass das Land die Gebäude und die Verwaltung bezahlt, aber die Forschung mehr und mehr aus privaten Geldern bezahlt wird.

Doch wenn man darüber nachdenkt, sind diese Befürchtungen für Körperschaften genauso real wie für Stiftungen. Auch Universitäten, die keine Stiftungen sind, haben Stiftungsprofessuren, auch sie sind immer abhängiger von Drittmitteln. Die Abhängigkeit der Universitäten von der Wirtschaft ist ein wichtiges Thema und es muss diskutiert werden, es ist aber nicht unbedingt eine stärkere Gefahr bei einer Stiftungsuniversität.

Wer hat die Kontrolle?

Jede Stiftung hat eine Satzung und diese regelt, wie sich die Stiftung intern organisiert. Die Universität zu Lübeck hat bereits jetzt eine solche Satzung und das Eckpunktepapier zwischen Wissenschaftsministerium und Universitätsleitung sieht vor, dass sich diese erst einmal nicht stark ändern würde. Doch eines ist unvermeidbar: In einer Stiftung wird ein neues Gremium hinzukommen, der Stiftungsvorstand. Anders als die Gremien der Universität, welche durch die Mitglieder gewählt und dadurch legitimiert werden, ist ein Stiftungsvorstand in erster Linie den Stiftern, also den Geldgebern, verpflichtet. Eine Stiftung hat keine Mitglieder. Die Satzung der Stiftung kann weitere Organe vorsehen, dies wären dann jene Gremien, die wir auch jetzt schon an der Universität haben, vom Präsidium über den Senat bis hin zur studentischen Selbstverwaltung.

Im Zusammenhang mit der Einrichtung von Stiftungsuniversitäten in Niedersachsen und später auch in Hessen und Brandenburg hat es um die Zusammensetzung und Legitimation des Stiftungsrats, dem der Stiftungsvorstand, welcher gleichzeitig das Präsidium der Universität ist, vorsteht, lange Diskussionen gegeben. In Niedersachsen hat sich ein Modell etabliert, in welchem sieben Personen sitzen. Fünf der sieben kommen aus dem Bereich Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, ein Mitglied wird vom Ministerium bestimmt und eines vom Senat der Hochschule. Studenten haben keine Stimme. Der AStA der Uni Osnabrück äußerte sich dazu in einer Stellungnahme am 15. Februar 2002: „Durch die weitreichenden Kompetenzen des Stiftungsrates (insbesondere bei der Berufung und Entlassung des Präsidiums sowie Finanzhoheit) und der Hochschulleitung (weitgehende Übernahme der bisher ministerialen Fachaufsicht), die beide von außen eingesetzt werden, wird das Mitentscheidungsrecht aller Hochschulangehörigen massiv beschnitten.“

Doch die Ängste der Osnabrücker Studenten müssen nicht in Lübeck Realität werden. Alles hängt davon ab, wie das Stiftungsgesetz letztendlich aussieht.

Es wird in naher Zukunft wichtig sein, die Diskussion über die Zusammensetzung und Funktion des Vorstandes der Stiftung zu führen. Einige politische Parteien, darunter die Grünen, haben eine Vertretung aller Gruppen, auch der Mitarbeiter und Studenten, in diesem Gremium bereits zur Bedingung ihrer Zustimmung gemacht. „Zentrale Kriterien sind für uns ein Ausschluss von Studiengebühren, die Wahrung der Unabhängigkeit von Forschung und Lehre sowie der Verzicht auf eine Einschränkung studentischer Mitbestimmung.“, schreibt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen, Rasmus Andresen, am 17. April in einer Presseerklärung.

Heißt Stiftungsuniversität auch Studiengebühren?

Eine weitere Angst, die mit dem Begriff Stiftungsuniversität verbunden ist, ist die vor Studiengebühren. Mehrfach, zuletzt zusammen mit allen anderen Hochschulleitern des Landes, hat sich Präsident Dominiak für Studiengebühren ausgesprochen. Auch daher kommt die Angst vieler Studenten, das Stiftungsuniversitätskonzept diene lediglich der Einführung von Gebühren auf einem Umweg. Die Parteien lehnen Studiengebühren derzeit durch die Bank ab. Daniel Günther, hochschulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, machte auf der Vollversammlung der Studierendenschaft im April klar: „Professor Dominiak ist nur einer von über zwei Millionen Wählern“, die CDU werde sich nicht umstimmen lassen. Ähnlich sehen es alle anderen Parteien.

Eine Stiftungsuniversität kann im Stiftungsgesetz so eingerichtet werden, dass sie Gebühren im Alleingang erheben kann, wenn sie möchte. Derzeit ist das Bestreben der Parteien und der Vertreter der Studierendenschaft, dafür zu sorgen, dass dies nicht geschieht. Es ist damit zu rechnen, dass dies eines der am heftigsten diskutierten Themen des Umwandlungsprozesses wird.

Pro und Contra

Was also sind die Vor- und Nachteile einer Stiftungsuniversität Lübeck? Vielleicht sollte man diese Begriffe gar nicht verwenden, viel mehr gibt es Chancen und Gefahren. Denn letztendlich ist es möglich, dass sich gar nichts außer der Rechtsform ändert.

Befürworter glauben, dass die Universität zu Lübeck als Stiftung die Chance hat, ihre Autonomie zu steigern. Dies ist zum Beispiel die Option, einzustellen und zu entlassen wen man möchte oder einfacher Studiengänge einzuführen. Auch was Bauvorhaben angeht, kann eine Stiftungsuniversität potenziell mehr Kontrolle erhalten. Am täglichen Leben eines Studenten werden diese Vorteile nicht sichtbar werden. Zudem stellte eine 2001 von der Hamburger Wissenschaftssenatorin Krista Sager (Grüne) einberufene Kommission, die sich mit möglichen Rechtsformen der Hochschulen auseinandersetzen sollte, fest, dass diese Vorteile grundsätzlich auch von einer voll rechtsfähigen Körperschaft genossen werden können. Für mehr Autonomie braucht es also nicht zwangsläufig das Stiftungsmodell.

Als Chance wird auch eine häufig angesprochene bessere Identifizierung der Region mit ihrer Hochschule angesprochen. Dies lässt sich natürlich nicht überprüfen und im Falle von Lübeck ist anzumerken, dass bereits eine überdurchschnittlich gute Identifikation mit der Hochschule existiert.

Die finanzielle Unabhängigkeit ist eine Scheinperspektive. Jede öffentliche Stiftungshochschule wird eine Zuwendungsstiftung sein und bleiben, egal wie viel Gelder private Stifter beisteuern. Damit widerspricht diese Stiftung dem Grundgedanken einer Organisation, welche ausschließlich von einem langsam wachsenden Stiftungskapital lebt. Der AStA der Uni Osnabrück dazu: „Wenn die Stiftung als Stiftung funktionieren soll, dann müssten die staatlichen Mittelzuweisungen extrem hoch sein. Eine Stiftung soll sich ja gerade durch ihr Stiftungskapital und nicht durch laufende Zuweisungen hauptsächlich finanzieren. Der Aufbau eines staatlichen Stiftungskapitals ist aber in absehbarer Zeit nicht realistisch.“

Die Befürchtung starker wirtschaftlicher Einflussnahme ist sicherlich berechtigt, allerdings bei allen Hochschulen, nicht nur bei Stiftungen.

Als Gefahr des Modells sehen viele den Verlust der Mitsprache bestimmter Gruppen. Studenten und Mitarbeiter sind nicht zwangsläufig Teil eines Stiftungsvorstands. Dazu kommt die Gefahr, dass es einer Stiftungsuniversität möglich ist, unabhängig Gebühren zu erheben. Beidem kann durch ein gutes Stiftungsgesetz der Riegel vorgeschoben werden, denn auch eine Stiftungsuni ist eine staatliche Hochschule und keinesfalls eine private Uni. Sie kann nicht einfach machen, was sie möchte.

Bisher steht kaum etwas fest. Es werden Monate der Diskussionen über mögliche Umsetzungen folgen, in denen sich zeigen wird, welchen Weg die Stiftungsuniversität gehen wird. Ein 2002 vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) einberufenes Symposium kam zu dem Schluss, „dass ein Stiftungsmodell Risiken beinhaltet, die aber durch klare Regelungen minimiert werden können“. Für die Studierendenschaft ist es dabei wichtig, aufmerksam und kritisch zu bleiben und den Dialog mit dem Universitätspräsidium und den Parteien zu suchen.

Noch keine Kommentare, sei der Erste!