Laura Jürgens

Antilopen in Namibia.


Wem ein Auslandsaufenthalt in Europa, den USA oder China zu unspektakulär ist, der kann künftig auch nach Namibia gehen, um dort Praktika zu absolvieren – zumindest, wenn er Medizin studiert und das Physikum bereits in der Tasche hat.

Aber warum gerade Namibia? Namibia, etwa 13 Flugstunden entfernt im Südwesten Afrikas gelegen, ist eine ehemalige deutsche Kolonie. Dadurch ist das Land eng mit der deutschen Geschichte verbunden, was sich unter anderem in der Namensgebung von Dörfern und Straßen widerspiegelt – bis zur Unabhängigkeit im Jahr 1990 gab es beispielsweise eine Kaiser-Wilhelm-Straße. Bis heute ist die deutsche Sprache in Namibia nicht ausgestorben. Dieses „Deutschtum“ ist noch immer präsent und macht Namibia besonders interessant.

Der Aufbau einer Partnerschaft zur University of Namibia in der Hauptstadt Windhoek war trotz dieser historisch vorhandenen Verbindung beider Länder eher ein Zufall: Vor zwei Jahren war das Forschungszentrum Borstel im Rahmen seiner Untersuchungen zu Tuberkulose und auch zur Ko-Infektion mit dem HI-Virus auf der Suche nach einem Partner in einem Land, in dem diese Krankheiten nicht so selten auftreten wie in Deutschland. Andere Länder wie beispielsweise England hatten diese Partnerschaften schon über frühere Kolonialbeziehungen geknüpft, sodass viele Länder bereits in derartige Projekte eingebunden waren. Auf Namibia traf das nicht zu: Zu diesem Zeitpunkt war, obwohl Tuberkulose eine der am häufigsten zum Tode führenden Krankheiten war, die Forschung auf diesem Gebiet in Namibia praktisch nicht existent, wie Prof. Dr. Lange von der Laborgruppe Klinische Infektiologie berichtet. Ins gleiche Jahr fiel die Gründung der Medizinischen Fakultät an der University of Namibia, zu deren Dekan über einige Ecken schnell persönlich Verbindung aufgenommen wurde. Das Interesse an einer Kooperation war rasch geweckt und jetzt haben wir sie, unsere Partneruniversität in Namibia.

Christoph Lange

Begrüßung der Erstsemester an der UNAM School of Medicine 2011.


Profitieren tun von dieser sich noch immer im Aufbau befindenden Partnerschaft alle Beteiligten: Die University of Namibia mit der angegliederten Klinik, weil die Medizinische Fakultät sich beim Aufbau und der Verbesserung ihrer Lehre an unserem Curriculum orientieren und auch ihre praktischen Ausbildungsmodule an unsere Skills Labs anlehnen kann, unsere Uni sowie das eng mit ihr zusammenarbeitende Forschungszentrum Borstel, weil nun im Rahmen des Schwerpunkts zur Entzündungs- und Infektionsforschung in größerem Umfang an Tuberkulose und einer Ko-Infektion mit HIV geforscht werden kann und – last but not least – wir Studenten, weil wir die Möglichkeit haben, PJ-Tertiale und Famulaturen in Windhoek zu absolvieren und dabei einen einzigartigen Blick über den Tellerrand zu werfen. Auch das Schreiben einer Doktorarbeit ist für Studenten, die eher an einer Forschungstätigkeit interessiert sind, in Namibia möglich.

In den letzten Jahren machten sich durchschnittlich fünf Lübecker Studenten auf eigene Faust auf nach Windhoek, um im Katutura State Hospital praktische Erfahrungen zu sammeln, ab diesem Jahr gibt es ein Auswahlverfahren von der Universität und auch finanzielle Unterstützung (1.000€) für die Afrikareisenden. Ein guter Start der Forschungs- und Austausch-Partnerschaft ist mit den dafür eingeworbenen 300.000€ auf jeden Fall gesichert. In Zukunft soll laut Prof. Dr. Westermann das Austauschprogramm dann dahingehend ausgeweitet werden, dass es bald nicht mehr nur Studenten, sondern auch Lehrende und Post-Docs einbezieht, zudem wird die Bandbreite der Fachbereiche, in denen gut betreute PJ-Tertiale möglich sind, von der Inneren Medizin ausgehend erweitert.

Wem jetzt das Fernweh zu schaffen macht, dem kann ich nur raten, sich auf der Homepage unserer Uni bis zu den Erfahrungsberichten aus Windhoek durchzuklicken (–> International Office –> Partneruniversitäten) – und vielleicht bist du schon der nächste, der einen schreiben könnte!

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