Gerüchte über die politische Einstellung von Studenten gibt es viele: Mediziner wählen, als Kinder reicher Eltern, alle eher konservativ, Informatiker wählen ohnehin nur Piraten und in Lübeck hat die CDU nach dem Sommer 2010 natürlich keine Chance. Oder ist das alles doch anders? Wie die Studenten der Uni Lübeck wirklich wählen, haben wir in der großen StudentenPACK Umfrage zur Landtagswahl 2012 herausgefunden. 165 Studierende der Universität zu Lübeck, und damit über 5 Prozent, haben an unserer am 10. und 11. April in der Mensa durchgeführten Umfrage teilgenommen.

Acht Fragen auf einem insgesamt vier Seiten langen Fragebogen, welche neben der Wahlentscheidung auch bisheriges Wahlverhalten, Politikersympathien, Meinungen zu den Themen der Wahl und Angaben zur Demographie (Geschlecht und Studiengang) abgefragt haben, wurden anonym ausgefüllt und in eine Wahlurne geworfen. Unter den Teilnehmern sind überdurchschnittlich viele MIW-Studenten und prozentual weniger Medizinstudenten als in der Studierendenschaft, die Verteilung innerhalb der anderen Studiengänge entspricht verhältnismäßig genau der Verteilung unter den Studenten. Nutzt man die tatsächliche Verteilung der Studiengänge, so kann man die Umfrageergebnisse so standardisieren, dass man eine Prognose für die Wahlentscheidung der Studierendenschaft der Uni Lübeck erhält. Von den 165 Teilnehmern haben sich 35 entschieden, sie würden nicht wählen gehen, oder ungültig wählen. Die nachfolgende Auswertung beruht auf den Verbleibenden 130 Teilnehmern.

Medizinstudenten stellen über 50 Prozent der 3040 regulären Studenten (Promotionsstudenten wurden nicht berücksichtigt) doch nur 33,94 Prozent der Umfrageteilnehmer. MIW Studenten sind hingegen stark über repräsentiert.StudentenPACK | StudentenPACK.

Medizinstudenten stellen über 50 Prozent der 3040 regulären Studenten (Promotionsstudenten wurden nicht berücksichtigt) doch nur 33,94 Prozent der Umfrageteilnehmer. MIW Studenten sind hingegen stark über repräsentiert.

Wir haben gefragt: „Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre, welche Partei würdest du wählen?“ Die stärkste Kraft in einer Wahl auf dem Campus wären die Grünen, sie würden 30,9 Prozent der Stimmen erhalten und damit mehr als doppelt so viele Stimmen wie in einer parallel von Infratest dimap und dem Norddeutschen Rundfunk durchgeführten Studie. Knapp hinter den Grünen folgt die SPD, sie kann unter den Studierenden mit 29,6 Prozent der Stimmen rechnen. Die SPD ist auf dem Campus marginal schwächer als in der parallelen Umfrage der Gesamtbevölkerung, in welcher sie auf 32 Prozent kommt. Drittstärkste Kraft unter den Studenten sind die Piraten. In der Gesamtbevölkerung mit 11 Prozent ebenfalls stark vertreten kommen sie auf dem Campus auf 20,7 Prozent. Die CDU dagegen ist auf dem Campus abgeschlagen und erhält nur 11,8 Prozent der Stimmen. In der Gesamtbevölkerung kann die CDU hingegen laut Infratest dimap/NDR mit 32 Prozent rechnen.

 

 

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Die Grünen erhalten in der Prognose über 30 Prozent der Stimmen, dicht gefolgt von der SPD. FDP und Linke scheitern auf dem Campus an der 5 Prozent Hürde.

Die 5 Prozent-Hürde wird, wie auch in den landesweiten Umfragen, zum Problem für die Linke (in der Prognose für den Campus 4,7 Prozent) und die FDP (Auf dem Campus nur 2,3 Prozent).

 

 

 

Über die Hälfte der Studenten werden laut unserer Umfrage zum ersten mal ihre Stimme in Schleswig-Holstein abgeben, entweder, weil sie bei der letzten Landtagswahl am 27. September 2009 noch nicht 18 Jahre alt waren oder weil sie erst später nach Schleswig-Holstein gezogen sind. Über die Wählerwanderung lässt sich daher wenig sagen. Auffällig, aber wenig überraschend, ist der Verlust bei der CDU, welche 2009 24,1 Prozent der studentischen Stimmen in Lübeck auf sich vereinigen konnte. Die SPD (25,9 Prozent) oder den Grünen (Auch schon 2009 auf dem Campus stark mit 32,4 Prozent) sind wie auch FDP (1,9 Prozent) und die Linke (9 Prozent) einigermaßen stabil. Die Piraten konnten 2009 bereits 6,6 Prozent der Stimmen der Lübecker Studenten auf sich verbuchen und sind mit nun mehr über 20 Prozent die klaren Gewinner dieser Umfrage.

Doch die Umfrage nach der Wahlentscheidung lässt sich noch weiter aufschlüsseln. So kann man tatsächlich feststellen, dass Mediziner geneigter sind, CDU zu wählen, als der durchschnittliche Student, die Union erhält unter Medizinstudenten 14,3 Prozent. Am stärksten vertreten ist die Partei aber bei den MML-Studenten, immerhin ein Viertel würden CDU wählen (wobei lediglich acht MML-Studenten an der Umfrage teilgenommen haben; somit sind diese Zahlen keine verlässliche Prognose für den Studiengang). Auch die Vorliebe der Informatiker für die Piratenpartei ist keine Legende: 56,5 Prozent der Informatikstudenten würden der Partei ihre Stimme geben (Unter den Teilnehmern, die Medizinische Informatik studieren, erhielt die Piratenpartei sogar 80 Prozent, da aber nur fünf Teilnehmer dieses Fachs dabei sind, lässt dies keine Aussage über den Studiengang zu).

Die Studiengänge haben ein unterschiedliches Wahlverhalten. Unter Medizinern und MML Studenten ist die CDU besonders stark, bei Informatikern schneiden die Piraten am besten ab. Die Daten für die kleineren Studiengänge (MML und MI) lassen aufgrund der geringen Teilnehmerzahlen kaum Schlüsse zu.StudentenPACK | StudentenPACK.

Die Studiengänge haben ein unterschiedliches Wahlverhalten. Unter Medizinern und MML Studenten ist die CDU besonders stark, bei Informatikern schneiden die Piraten am besten ab. Die Daten für die kleineren Studiengänge (MML und MI) lassen aufgrund der geringen Teilnehmerzahlen kaum Schlüsse zu.

Die Linkspartei ist überdurchschnittlich stark bei MIW-Studenten vertreten. 17,7 Prozent der MIW-Studenten würden DIE LINKE wählen, die in der Projektion auf die Gesamtstudierendenschaft keine 5 Prozent erhält.

 

 

Sympathieskala

Neben der Frage zur Wahlentscheidung haben wir auch die Spitzenkandidaten selbst bewerten lassen. Die Studenten wurden gebeten, die Regionalpolitiker, die sie kennen, auf einer Sympathieskala zu bewerten. Demnach ist der beliebteste Politiker unter Lübecker Studenten der grüne Bildungspolitiker Rasmus Andresen, der unbeliebteste Politiker der Spitzenkandidat der CDU Jost de Jager. De Jager ist dafür aber der bekannteste Politiker, 87 Prozent wissen, wer er ist. Lediglich 80 Prozent der Befragten geben an, zu wissen, wer Peter Harry Carstensen ist, nur 66 Prozent kennen den SPD-Spitzankandidaten Torsten Albig. Neben Rasmus Andresen haben die Studenten auch ein positives Bild von Robert Habeck (Grüne), Torge Schmidt (Piraten), Torsten Albig (SPD), Martin Habersaat (SPD) und der SSW-Abgeordneten Anke Spoorendonk. Die schlechtesten Noten vergeben die Studenten für die Politiker von CDU und FDP. Die Beliebtheit der Politiker korreliert merklich mit der Wahlentscheidung, Grüne, SPD und Piraten sind als Parteien wie als Personen unter den Studenten die Favoriten.

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Sind Politiker sympathisch, weil sie in einer Partei sind, die man wählt oder wählt man die Partei wegen der Politiker? Die Korrelation zwischen Wahlentscheidung und Sympathie ist unübersehbar.

Das Image des CDU-Spitzenklandidaten ist auch unter seinen Wählern nicht gut, dafür ist wohl der Sommer 2010 noch zu sehr in den Köpfen: Durchschnittlich halten die CDU-Wähler unter den Lübecker Studenten ihren Spitzenkandidaten für unsympathisch, Torsten Albig hingegen bewerten sogar die CDU-Wähler, sofern sie ihn bewerten, eher positiv.

 

 

 

 

Themenschwerpunkte

Eine Wahlentscheidung zu treffen ist nicht für jeden einfach. Manche haben ihre Entscheidung ein für alle mal getroffen, andere bewerten jedes mal von neuem, welcher Partei sie ihre Stimme geben können. Für sie muss eine Partei sich in jeder Legislaturperiode aufs neue bewähren in den Themenbereichen, die ihnen besonders am Herzen liegen. Um zu verstehen, welche Themen für die Studenten ihre Wahl am stärksten beeinflussen, haben wir die Teilnehmer gebeten auszuwählen, wonach sie ihre Wahlentscheidung treffen. Unter 19 Themenbereichen sollten die teilnehmer jene ankreuzen, die sie für sich als Entscheidend definieren, sie durften dabei beliebig viele auswählen.

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Am wichtigsten sind den Studenten bildungspolitische Themen. Am schlechtesten schneidet Tourismus ab, nur 6,7 Prozent der Befragten würden dieses Thema als entscheidend für ihre Wahl bezeichnen.

Wenig überraschend ist, dass Bildungspolitische Themen von den meisten Studenten als entscheidende Themen angesehen werden. 83,6 Prozent der Befragten geben an, universitäre Themen würden ihre Wahlentscheidung beeinflussen, 79,3 Prozent der Befragten nennen Bildungspolitik ein eintscheidendes Thema. Nicht nur, weil viele Mediziner an der Uni Lübeck studieren, sondern auch weil mit der Debatte um die UKSH Privatisierung die Gesundheitrspolitik in Schleswig-Holstein in letzter Zeit in den Fokus gerückt ist, überrascht es kaum, dass auch Gesundheitspolitik für viele Studenten ein wichtiges Thema ist.

 

 

 

 

Prozentualer Anteil der Wahl jener Studenten, die dieses Thema als wahlentscheidend benannt haben. Zudem ist eingezeichnet, wie viel Prozent sich entscheiden, keine Stimme abzugeben.StudentenPACK | StudentenPACK.

Prozentualer Anteil der Wahl jener Studenten, die dieses Thema als wahlentscheidend benannt haben. Zudem ist eingezeichnet, wie viel Prozent sich entscheiden, keine Stimme abzugeben.

Bei Themen wie Bürgerbeteiligung oder der digitalen Gesellschaft sind erwartungsgemäß die Piraten stark. Nur die Grünen haben sich, was diese Themen angeht, noch nicht abhängen lassen. Von den Studenten, die diese Themen für entscheidend halten, würden genauso viele Piraten wählen wie Grüne. Gänzlich abgeschlagen in diesen Themenbereichen ist die CDU. Bei Studenten, für die Gesundheitspolitik, landesübergreifende Zusammenarbeit (wie die Föderalismusreform und norddeutsche Kooperation) oder Verkehrspolitik eine entscheidende Rolle spielt, punktet die CDU etwas besser, aber auch hier belegt sie keinen Spitzenplatz.

 

Die SPD punktet natürlich stark bei den Studenten, die Arbeitsmarktpolitik für ein entscheidendes Thema halten. Immerhin 25 Prozent würden sie wählen. Familienförderung, Finanzpolitik, Gesundheitspolitik und Wirtschaftspolitik sind andere Felder, bei denen die Sozialdemokraten gut abschneiden. Das studentische Kernthema „Universitäten“ kann die SPD knapp vor den Grünen für sich verbuchen.

Die Grünen sind insgesamt stark vertreten. Insbesondere in ihrem klassischen Themenbereich Umweltpolitik können sie alle anderen Parteien klar hinter sich lassen. Auch in den anderen studentischen Kernthemen Bildungspolitik und Gesundheitspolitik sind die Grünen stark vertreten.

Studenten, die Tourismus oder Arbeitsmarktpolitik für wichtig halten, sind am ehesten geneigt, keiner Partei ihre Stimme zu geben, circa 30 Prozent haben vor, ungültig oder gar nicht zu wählen.

Neben den Fragen zu den Kandidaten und den Themenbereichen wurden die Studenten gebeten 10 Aussagen aus den Parteiprogrammen nach Zustimmung zu Bewerten, sie konnten auswählen zwischen „Stimme zu“, „Stimme eher zu“, „keine Meinung“, „Stimme eher nicht zu“ und „Stimme nicht zu“. Dabei wurde den Teilnehmern nicht verraten, aus welchem Parteiprogramm eine Aussage stammt. Wir haben zudem die Spitzenkandidaten der fünf im Landtag vertretenen Parteien und der Piraten gebeten, zu erraten, aus wessen Programm diese Aussagen stammen und uns ihre Meinung zu den Themen zu verraten. Die Ergebnisse aus der Umfrage und die Aussagen der Spitzenkandidaten findet ihr in folgendem Artikel:

10 Aussagen

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