Jetzt sind wir schon eine ganze Woche an der Uni und auf nicht mehr rekonstruierbaren Irrwegen dazu gekommen, einen Artikel über die Vorwoche zu schreiben.

Wie ist denn das jetzt passiert?

Alles fing damit an, dass wir als hochmotivierte Erstis hier ankamen. Gleich als Erstes wurde uns mitgeteilt: – dass in einem nicht näher genannten Studiengang eine Abbruchquote von 75% herrschte. – dass man die Wahl hat, zwischen einem MLS-Studium und einem Leben. – dass man in der Mensa besser zwei halbe Kugeln Eis bestellt als eine Ganze. – und dass friss oder stirb in der Hansestadt nur bekannt ist als trink schlechtes Bier, oder such dir eine andere Uni. Und wenn Oma nochmal fragt, was zur Hölle MLS sei, dann sollen wir einfach sagen: Das ist die Zell- und Strukturbiologie und ihre Anwendung in der Medizin – oder so ähnlich. Jetzt weiß Oma Bescheid!

Klar, wir sollen hier was lernen, aber möglichst nicht zu Fachidioten werden, die sich nicht vor die Tür trauen. Dabei boten uns die Drittsemester zusammen mit Magarete der Schnapfuh ihre Unterstützung an. So schickten sie uns auf den Weg, der zumindest zwei von uns nicht nur in den richtigen Hörsaal, sondern auch auf direktem Wege zum StudentenPACK geführt hat.

Scherzvorlesung und Campusführung

Während der Begrüßung waren uns noch bewusst, dass wir uns jetzt zu den mehr oder minder privilegierten Studenten der Universität Lübeck zählen konnten. Wir hatten uns durch komplizierteste Auswahlverfahren gequält, hatten um die Zusage gebangt oder tatsächlich auf der Warteliste geschmort, aber es dann doch irgendwie geschafft aufgenommen zu werden. Dieses Bewusstsein hielt sich etwa fünf Minuten lang, bis einen das leichte Gefühl beschlich, dass man in der Schule doch nicht so viel mitbekommen hatte, wie man dachte.

An dieser Stelle hatte jetzt auch schon der Großteil der Studenten – bis auf den einen oder anderen Hartgesottenen – zu Papier und Stift gegriffen, um sich wenigstens Notizen machen zu können. Spätestens 15 Minuten später sah auch der Letzte Physik-LKler ein, dass er keine Ahnung hatte, wie er das erste Semester überstehen sollte.

Das Angebot eines Physikkurses in der Erstiwoche wurde von dem einen oder anderen etwas erleichtert aufgenommen. Es folgte die Erklärung, WIE die Einteilung stattfinden sollte. Erstsemester gleich an ihrem ersten Tag einen Einstufungstest schreiben zu lassen, grenzte schon fast an Quälerei. Insbesondere wenn links und rechts von dir die Grüppchen tatsächlich Lösungen hinschreiben konnten, während andere einfach alles durchstrichen.

Einige Erstis war jetzt schon im Kopf dabei durchzugehen, von welchen Unis sie sonst noch Zusagen bekommen hatten, um vielleicht nachträglich noch zu wechseln. Da bat Professor Hübner doch tatsächlich, dass alle, die keine Erstsemester sind, sich erheben sollten. Als echter Neuling fühlte man sich dann doch etwas alleine zwischen den ganzen stehenden (falschen) Kommilitonen.

Die darauf folgende Campusführung und Vorstellung der ‘Lübeck kämpft für seine Uni’-Thematik konnte einen aber nur halb so gut beruhigen, wie das Wissen, dass man nächstes Jahr zu denen gehört, die aufstehen dürfen. Auch die anderen Studiengänge bekamen natürlich ihr Fett weg: Nach der Einführung in die Embryologie des Magen-Darm-Traktes waren die ersten Mediziner sofort bereit, sich in den Bus nach Kiel zu setzen.

Stadtrallye

Wer bisher eine harte No-Alkohol Einstellung vertrat, dem war am Ende der Erstiwoche klar, dass er entweder seine Meinung nochmal gründlich überdenken oder sich eine andere Universität suchen sollte. Jedenfalls war das der Eindruck, den die Ersthelfer den neuen Studenten auf der Stadtrallye vermittelten. Selbst harmlose Stationen, waren meist nur Fassade, um die Erstis mit möglichst viel Alkohol abzufüllen. Waren die meisten bisher mehr auf ihre Leistung, als auf ihren konstant hohen Alkoholpegel konzentriert, waren sie am Anfang doch sehr erschüttert über Qualität (sehr niedrig) und die Quantität (sehr hoch) der ausgeschenkten alkoholischen Getränke.

Die Aufgaben waren noch simpler, zwar gab es mal zwischendurch Bestrebungen interessante Stationen zu gestalten, dem Großteil der Teilnehmer war aber schnell klar, dass es nur Punkte für nackte Haut gab, möglichst viel nackte Haut. Was den einen oder anderen Neuling aber nicht daran hinderte, daran teil zu nehmen.

Erstiheft und Tüte

Nach der offiziellen Begrüßung in der Petrikirche wurden wir alle – nach Studiengängen sortiert – mit einer hübschen, blauen Stofftüte und deren Inhalt ausgestattet. Cool war das T-Shirt. Wirklich nett war der Weiland-Gutschein, den wir natürlich gleich in ein Chemiebuch umgesetzt haben. Unglaublich viel Papiermüll produzierten die Flyer für etwa 271,14152689 Veranstaltung, zu denen man Dank des einsetzenden Studiums ja sowieso keine Zeit mehr hat.

Unglaublich hilfreich und spannend war auch das Erstiheft (was sollten wir auch anderes sagen, der Verantwortliche für dieses sitzt schließlich auch in der Redaktion dieses Heftchens…)!

Mathe-Vorkurs

Jaja, ihr habt uns gewarnt, liebe Drittsemester, habt Hinweise ins Programm gestreut (Hoffentlich seid ihr fit – Professor Prestin wird nicht müde – Dreiecksungleichung) und uns auch gleich gesagt, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Auch nicht die Mathematik. Aber wer hätte denn ahnen können, wie dringend unsere Mathekenntnisse aufgefrischt werden mussten? Viereinhalb Stunden Mathe am Tag prägten unsere Vorwoche doch mindestens genauso sehr, wie jedes noch so unterhaltsame Abendprogramm. Wem der Kopf nicht wenigstens ein bisschen vor Zahlen schwirrte, der möchte sich bitte zwecks einer Gehirntransplantation bei einer der Autorinnen melden…

Andererseits haben die eingestreuten Mathewitze auch gleich eine kleine “Wer-kennt-die-meisten-Mathewitze”-Runde ausgelöst, in der es mindestens so viel zu lernen gab, wie vorne an der Tafel. Oder wusstet ihr schon, dass Mathematiker ihre Fotos in der Größe 234 bestellen? Auch wenn sie faul sind, 13*18 können sie doch noch rechnen!

Nachdem wir das geklärt hatten und uns auch wieder eingefallen war, dass man unter Trigonometrie den Kram mit Sinus und Kosinus versteht, konnten wir dann doch noch guten Gewissens in die Sphären der Universitätsmathematik entlassen werden. Soll heißen: Wir haben ein gutes Gewissen. Ob es dem Herrn Professor genauso geht, haben wir sicherheitshalber nicht gefragt.

Magarete missglückte Entführung

Im Mathe-Vorkurs wurde aber nicht nur gelernt, es gab auch Pausen. Zeitabschnitte, die durch die aufgelegte Musik zur Entspannung führen sollten. Wäre die Playlist doch nur mehr als ein Lied lang gewesen… Nachdem auch die lernschwächsten Studenten unter uns den Text von Underwear auswendig konnten, war es einfach nicht mehr zu ertragen. Eine Erpresserpostkarte wurde formuliert und die Entführung von Magarete der Schnapfuh ausgeheckt, sodass ihr Leben als Pfand für bessere Musik eingesetzt werden konnte.

Zu unserem Unglück wurden die Sicherheitsmaßnahmen um besagtes Tier jedoch kurzfristig verschärft, sodass der Plan im Sand verlief. Uns blieb also nichts anders übrig, als den Freitagnachmittag zu erwarten.

Erstimesse

Der Anblick der paar Stände auf dem Flur nach dem Mathe-Vorkurs hinderte uns nicht daran, erst einmal essen zu gehen. Danach konnte man sich ja immer noch mit den Angeboten auseinander setzen. Strategisch platziert waren besonders die Segler, die sich gegenseitig zu überbieten versuchten, während das Auslandsangebot ein bisschen verloren daneben in der Ecke stand.

Aber auch die ersten Firmen aus Lübeck und Umgebung nahmen die Möglichkeit wahr, Kontakt aufzunehmen. Vielleicht wartet nach dem Studium also tatsächlich nicht Onkel Hartz darauf, uns zu holen.

Stadtführung & Brauerei

Witwe Haase und ihre Freunde in historischer Tracht nahmen uns Erstis am Holstentor in Empfang. Dort wurden wir auf die Parallelen zwischen diesem Bauwerk und dem schiefen Turm von Pisa aufmerksam gemacht. Beide sind verdammt schief. Außerdem sieht das Tor von hinten anders aus als von vorne, was den meisten Lübeckern nicht bewusst zu sein scheint. Auch das Rätsel um die Inschrift SPQL (schlechtes Pflaster quält Lübeck) wurde gelöst, bevor wir uns mit dem Unterschied zwischen Gängen und Höfen auseinander setzten.

Nachdem das Rathaus im Dunkeln bewundert worden war, klang der Abend dann in einer Brauerei mit entsprechend großen Mengen Bier aus. Eine Frage blieb allerdings ungeklärt: Wenn die Brücke in sieben Jahren vor lauter Schlössern zusammen bricht – was passiert dann mit der Liebe?

Und die Mediziner?

Als wir erfuhren, dass einige dieser Vorstellungen durch angeheiterte und eher minimalst vorbereitete höhere Semester stattfanden wurde uns endgültig klar, dass wir mit dem Mathevorkurs definitiv nicht die lustigste Veranstaltung belegt hatten. Während sich die Sektion MINT in ewiger Qual im Mathevorkurs befand, genossen die Mediziner ihre Einführung in die verschiedenen Fächer, für die sie ab sofort sämtliche Freizeit aufgeben würden. Selbige Tatsache wurde ihnen allerdings erst eine Woche später klar.

Ein paar Worte zum Schluss

Alles in allem kann man wohl sagen, dass die Vorwoche eine feucht-fröhliche und recht gelungene Veranstaltung war – wir fühlten uns in Lübeck und an der Uni ziemlich schnell wie Zuhause und daran seid ihr Schuld. Dankeschön!

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