Die Blicke der Studentinnen und Studenten sind auf das Podium gerichtet. Einige von ihnen hatten sich zuvor an den weltweiten Protesten gegen das Finanzsystem beteiligt, alle gemeinsam hatten sie ein Wochenende über die Möglichkeiten eines neuen Weltwirtschaftssystems diskutiert. Im Rahmen der Fachschaftstagung „Globale Zusammenarbeit“ hat das Cusanuswerk, eine Podiumsdiskussion über die „Chancen einer neuen Weltwirtschaftsordnung“ organisiert. „Etwas läuft falsch in der Welt“, mit diesen Worten begrüßt Moderator Michael Groß die Politikerinnen und Politiker von Grünen, SPD und CDU, sowie den stellvertretenden Vorsitzenden vom ökosozialen Forum Deutschland, Detlef Wendt. Michael Groß listet die immer gefährlicher werdenden Finanzspekulationen, die Ausbeutung der Ökoressourcen und die exponentiell wachsende Weltbevölkerung auf. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten möchten eine entscheidende Frage von der Politik beantwortet haben: „Wie kann eine zukünftige Weltwirtschaftsordnung aussehen, damit der Planet nicht kollabiert und die Schere zwischen arm und reich nicht weiter auseinander driftet?“

Darüber, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann, herrscht auf dem Podium überraschend große Einigkeit, wie sofort deutlich wird. „Wir brauchen Wachstum, was entkoppelt ist vom Ressourcenverbrauch“, glaubt Stefan Engstfeld, Landtagsabgeordneter der Grünen. Aber genauso wichtig sei ein besserer Zugang für Entwicklungsländer zu unseren Märkten. Damit müsse man die Agrarsubventionen der EU auf den Prüfstand stellen. Zu ganz so klaren Worten kann sich Christoph Jansen (CDU) nicht durchringen. Der Ortsvorsitzende der Jungen Union sieht durch die letzten Jahre bewiesen, dass „der offene Handel der beste Weg“ sei – „allerdings mit gewissen Regeln“. „Wir müssen vor allem etwas auf der persönlichen Ebene tun“, so Jansen. Das sieht Barbara Hendricks, Bundestagsabgeordnete und Schatzmeisterin der SPD, anders. „Banken müssen wieder eine dienende Funktion für die Wirtschaft haben und die Wirtschaft eine dienende Funktion für den Menschen.“ Die Antwort, wie man dies weltweit wirklich realisieren könne, bleibt sie schuldig. „Wenn wir dazu die Amerikaner nicht mit ins Boot kriegen, dann bin ich ratlos.“ Stefan Engstfeld fordert, dass Europa in diesem Fall eben die Führungsrolle übernehmen müsse. „Wir können nicht mehr warten.“ Detlef Wendt, Vertreter der „Global Marshall Plan Initiative“ und Verfechter der „ökosozialen Marktwirtschaft“, will durch weltweite handelspolitische Verfahrensstandards und die Einführung einer „leverage money tax“ (Steuer auf hochspekulative Finanzprodukte) ökologische und soziale Rahmenbedingungen durchsetzen und fordert, dass eine Balance ins Weltwirtschaftssystem gebracht wird, die uns verloren gegangen sei.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben viele Rückfragen. Ob sich kein Politiker traue, auf den Verzicht aufmerksam zu machen, der nötig sei, wenn wir die Welt gerechter gestalten wollen? Ob die Politik nicht längst ihre Macht an die Wirtschaft verloren habe und wie die ökologischen und sozialen Standards durchgesetzt werden könnten? Verhaltene Stille auf dem Podium, gefolgt von leeren Worten. Detlef Wendt appelliert in seinem Schlusswort: „Ihr seid die junge Generation. Empört euch! Und dann: engagiert euch!“

Am Ende der Veranstaltung war die Empörung erreicht – zumindest bei mir.

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