Thomas Dinh

Der erste Blick auf die Harvard-Medical-School.

Spätestens nach dem Physikum beginnen die meisten Medizinstudenten, sich den einen oder anderen Gedanken über das Thema Doktorarbeit zu machen. Meist werden Doktorarbeiten um das 7. Semester herum begonnen, um dann möglichst vor dem PJ den Hauptteil der Arbeit hinter sich zu haben. Möchte man die Doktorarbeit im Ausland durchführen, sollte mindestens 1 Jahr vor dem geplanten Start der Arbeit mit der Organisation begonnen werden. Die Entscheidung sollte allerdings gut überlegt sein.

Nachteile

Wenn eine wissenschaftliche Arbeit in den USA geplant ist, sieht man sich zunächst mit einem enormen organisatorischen Aufwand konfrontiert. Die Doktorandenstelle muss besorgt werden, das Visum genehmigt, die Kurse an der Heimatuni koordiniert werden. Aber auch viel „Kleinkram“ (zum Beispiel Wohnung in den USA, was passiert mit der Wohnung zu Hause?) kann eine Menge Nerven kosten. Außerdem kommt auch eine finanzielle Herausforderung auf die Doktoranden zu, zusätzlich zu Flug- und Visumskosten muss natürlich auch der Lebensunterhalt in den USA gewährleistet sein. Je nach Stadt können die Mieten selbst für das kleinste WG-Zimmer ein Vielfaches der Mieten in Deutschland betragen, Lebensmittel und Freizeitaktivitäten kommen hinzu. Abgesehen davon „verliert“ man natürlich ein bis zwei Semester, was zu weiteren Problemen hinsichtlich der Finanzierung führen kann.

Vorteile

Die Durchführung der Doktorarbeit in den USA hat in den meisten Arbeitsgruppen (stark abhängig von der Uni!) zahlreiche wissenschaftliche Vorteile. Zum Einen sind viele Forschergruppen in den USA federführend auf ihrem Gebiet, sodass ein Einblick in echte cutting-edge Forschung und Technologien ermöglicht wird. Durch die hohe Produktivität der Labore sind Veröffentlichungen (und damit die Chance, selbst auch auf dem Paper zu stehen) meist schneller und in besseren Journals möglich. Zum Anderen stehen oft weitaus mehr Forschungsgelder zur Verfügung, sodass auch kostspielige Experimente mit wenig bürokratischem Aufwand selbstständig durchgeführt werden können. Die Arbeit findet meist in einem internationalen Team statt, Kontakte, die während der Zeit im Ausland geknüpft werden, sind sehr nützlich auch wenn man nach dem Studium nicht in der Forschung arbeiten möchte. Im Vergleich zu deutschen Unikliniken hat das Arbeitsklima einen guten Ruf, flache Hierarchien und kollegiales Verhalten sind die Regel (obwohl das natürlich von Labor zu Labor verschieden ist). Quasi nebenbei wird das fachspezifische Englisch erlernt, und auch im Lebenslauf ist eine Arbeit im Ausland natürlich ein Pluspunkt. Der eigene Horizont erweitert sich aber auch persönlich, man guckt mal über den Tellerrand, entwickelt neue Interessen und profitiert in vielerlei Hinsicht von den gemachten Erfahrungen.

Wie bekomme ich einen Platz?

Die Entscheidung steht, aber wie bekommt man einen Platz in den begehrten Arbeitsgruppen? Es gibt im Prinzip zwei Möglichkeiten: man kann sich an der Heimatuni einen Doktorvater suchen, der Arbeiten ins Ausland vermittelt. Dafür sollte man auf Internet (Homepage der Klinik) und Doktorandenbörse zurückgreifen, oft hört man von derartigen Angeboten auch über Kommilitonen und in den Vorlesungen. In den ersten Gesprächen mit dem Doktorvater werden die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit geklärt. Wichtig ist neben der „Kooperativität“ und „Betreuungsfähigkeit“ des Doktorvaters selbstverständlich auch das Thema. Selbst ein Forschungsaufenthalt an der besten Uni der Welt kann danebengehen, wenn man mit der Fragestellung der Arbeitsgruppe nichts anfangen kann.

Andererseits kann man sich auch im Internet zuerst ein Labor aussuchen und anschreiben, und mit der Zusage in der Tasche auf die Suche nach einem Doktorvater an der Heimatuni gehen. Oft freuen sich Dozenten über die Eigeninitiative des Studenten, noch dazu kostet ein Doktorand im Ausland den Doktorvater ja kaum Geld (Materialkosten und so weiter entfallen). Dann sollten natürlich das Fachgebiet des Doktorvaters und das des auserkorenen Labors einigermaßen übereinstimmen. Bei der Suche nach geeigneten Arbeitsgruppen im Ausland gibt es ein paar Dinge, die man beachten sollte. Generell gilt: in kleinen Arbeitsgruppen ist die Betreuung meist eng, allerdings die (technologischen und finanziellen) Möglichkeiten eingeschränkt. Große Labore haben meist ein größeres Methodenspektrum und allgemein mehr laufende Projekte. Die Betreuung durch den Professor ist aber in aller Regel weniger begleitend sondern eher beratend, die Arbeit erfolgt selbstständiger. Zum anderen ist es nützlich, sich die Liste der Veröffentlichungen des Labors etwas genauer anzuschauen: in welchem Abstand und in welchen Journals erscheinen sie, wer steht an welcher Stelle auf der Autorenliste (beansprucht der Chef zum Beispiel die erste oder zweite Stelle grundsätzlich für sich? Dürfen auch Studenten mit aufs Paper?). Wichtige Hinweise können natürlich auch Erfahrungsberichte von Vorgängern geben. Auch hier gilt natürlich: man sollte sich genau über die Projekte des Labors und die Arbeitsmethoden informieren (Tierversuche?), so kann man unliebsame Überraschungen vermeiden.

Abgesehen davon vermitteln viele Stiftungen (zum Beispiel Studienstiftung des deutschen Volkes) auch Doktorarbeiten im Ausland, sollte man also Stipendiat sein, ist die Organisation noch deutlich einfacher.

Thomas Dinh

Skyline von Boston.

Welche Kosten kommen auf mich zu und wie finanziere ich das?

Wie schon erwähnt sind Miete und Lebenshaltungskosten in den USA generell höher. Über den Daumen gepeilt sind um die 1000 Dollar pro Monat eine realistische Berechnungsgrundlage. Hinzu kommt der Flug und die Kosten für das Visum, die sich aus der Visakategorie ergeben, mindestens aber 180 Dollar für die sogenannte SEVIS-Gebühr.

Finanzielle Förderung kann man an verschiedenen Stellen beantragen. Gute Grundlage bietet die DAAD-Stipendiendatenbank, auch die Begabtenförderungswerke (parteinahe Stiftungen etc.) vergeben Promotionsstipendien. Bei der Bewerbung um finanzielle Förderung werden meist ein englischsprachiger Lebenslauf, ein Letter of Motivation und ein detaillierter Arbeitsplan verlangt. Die Förderung muss Monate im Voraus beantragt werden, das ist mit den typischen Verzögerungen bei der Planung oft schwer möglich. Mit ein bisschen Glück kann man auch vom Doktorvater finanziell unterstützt werden, zumindest die Flugkosten werden meist übernommen.

Da man sich ja von der Uni Lübeck für die Zeit im Ausland beurlauben lässt, wird auch kein Bafög mehr gezahlt. Würde man sich in den USA an der amerikanischen Uni immatrikulieren, könnte man sich zwar um Auslandsbafög bewerben, allerdings lohnt sich das bei den hohen Studiengebühren der amerikanischen Unis nicht.

Visum

Nur selten wird der Aufenthalt mit einem Visum der Kategorie B gestattet, meist ist das sog. J1-Visum (Praktikantenvisum) erforderlich. Insbesondere für die Vergabe des J1 Visums gelten strenge Regeln, es müssen zahlreiche Dokumente vorgelegt werden. So muss z.B. die finanzielle Absicherung des Studenten nachgewiesen werden und die „Praktikumsstelle“ (in diesem Fall die amerikanische Universität) ein anerkannter Visa-Sponsor sein. Zudem wird für alle Nicht-Touristenvisa für die USA ein persönlicher Gesprächstermin in der Botschaft in Berlin fällig. Auf einen Termin muss man meist mehrere Wochen warten, daher sollte genügend Zeit eingeplant werden.

Krankenversicherung/Impfungen

Bei der Einreise mit einem Praktikantenvisum wird man meist automatisch durch die vermittelnde Organisation krankenversichert. Ansonsten muss man eine Auslandskrankenversicherung abschließen, Arztkosten in den USA sind geradezu lächerlich hoch. Da der Arbeitgeber meist das örtliche Krankenhaus ist (wenn auch nur im Forschungstrakt gearbeitet wird), müssen alle gängigen Impfungen nachgewiesen werden (alle auch von der STIKO empfohlen), hierzu ist ein internationaler Impfausweis praktisch. Zusätzlich wird oft ein Tuberculintest jüngeren Datums verlangt, so hat dann das Übungs-gepiekse im Mibi-Kurs doch noch seinen Sinn. Bei Unsicherheit: Reisemedizin und Impfsprechstunde, Institut für Transfusionsmedizin, Haus31.

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