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Setzt die Segel, wir fahren nach Kiel!

Ruhe ist eingekehrt, der normale Uni-Alltag zurück. Die Universität zu Lübeck begrüßt in diesen Wochen ihre neuen Erstsemester. Studenten, welche nun die Geschichten, die Erlebnisse aus dem vergangenen Semester hören und an jeder Ecke erleben, nur eben nicht selber dabei waren. Eine Generation, die hoffentlich in ihrer Zeit an der Universität nicht erneut um deren Erhalt kämpfen muss.

Ähnlich waren die Hoffnungen nach 2005. Damals beschloss die Landesregierung, die medizinische Fakultät und die Unikliniken zusammen zu schließen und eine Landesuniversität Schleswig-Holstein zu gründen. 4.000 Menschen demonstrierten unter dem Motto „Lübeck kämpft“ gegen dieses Projekt. Mit Erfolg. Die medizinischen Fakultäten der Universität Kiel und Lübeck blieben getrennt, jedoch wurden die Unikliniken zum UKSH fusioniert. Die danach einkehrende Ruhe wurde bereits 2008 wieder gestört. Aus der Landesregierung erreichte die Universität die Nachricht, dass das UKSH privatisiert werden sollte. Dem UKSH Lübeck drohten damit nicht nur Kürzungen im personellen Bereich, sondern auch in der Lehre. Auch das Wohlbefinden der Patienten kann bei solch einer Umstrukturierung Sorge bereiten. Zusammen mit den Mitarbeitern der Klinik gingen einige Studenten auf die Straße. Bei den Tarifverhandlungen konnte verhindert werden, dass das UKSH Schleswig-Holstein privatisiert wurde, jedoch unter der Bedingung, dass die Mitarbeiter etwas von ihrem Gehalt abgeben, um die Sanierung der Klinik voranzutreiben.

Trotz dieses Tarifvertrages und der Bemühungen der Mitarbeiter erhielt der Standort am 23. April 2010 eine erneute Ohrfeige: Das Uniklinikum solle nun doch privatisiert werden. Das allgemeine Studierendenparlament berief eine Vollversammlung ein und mobilisierte zu einer erneuten Demonstration auf Lübecks Straßen. Diesmal sollte den Gerüchten, dass das UKSH in Lübeck und Kiel unabhängig voneinander verkauft werden sollten, entgegengetreten werden. Vor allem der Standort Lübeck mit seinen weniger sanierungsbedürftigen Gebäuden sollte gewinnbringend in private Hand übergehen. Lübeck und seine Umgebung würden also seinen medizinischen Maximalversorger verlieren. Bei der Abschlusskundgebung erreichte die Demonstranten dann der Paukenschlag: Die Haushaltsstrukturkommission, welche von der Landesregierung kurz nach der Landtagswahl eingesetzt wurde um eine weitere Neuverschuldung des Landes zu stoppen, veröffentlichte ihre Sparliste. Neben vielen Streichungen im Sozialbereich und dem Bildungswesen, die bereits einen fahlen Beigeschmack lieferten, enthielt der Bericht folgende Aussage: „Das Medizinstudium wird auf Grund der begrenzten Ressourcen bei der Förderung exzellenter Forschung und Lehre nach Kiel verlagert. […] Ab dem Wintersemester 2011/2012 werden deshalb keine neuen Studienanfänger für Medizin in Lübeck immatrikuliert.“ Außerdem wird in den Zeilen 892 ff. vorgerechnet, wie viel Geld in den nächsten Jahren durch diese Maßnahmen gespart werden soll. Des Weiteren wird verkündet, dass das Profil der Universität Lübeck im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich gestärkt wird.

Eine Milchmädchenrechnung und eine Verschleierung der Tatsachen, wie sich in den folgenden Wochen immer wieder und stärker zeigte. Die Universität Lübeck kann ohne den Medizinstudiengang nicht lange überleben. Die enge Verflechtung zwischen den einzelnen Instituten, viele interdisziplinäre Projekte – nicht zuletzt in den vergangenen Jahren gewollt und forciert durch die Landesregierung – und kleine Studentenzahlen, das alles würde beim Wegfallen der medizinischen Fakultät dafür sorgen, dass die gesamte Universität vor dem Aus stünde. Des Weiteren wurden in die Rechnungen der Haushaltsstrukturkommission die Mitarbeiter und Lieferanten außerhalb der Universität in die Rechnungen der Haushaltsstrukturkommission nicht miteinbezogen. Zahlreiche Unternehmen arbeiten eng mit der Universität zusammen und profitieren von ihr. In einer Umfrage der Industrie und Handelskammer im Juni gab jedes fünfte Lübecker Medizintechnik- und Gesundheitsunternehmen an, über einen Weggang nachzudenken, sollten die Pläne der Haushaltsstrukturkommission wirklich durchgesetzt.

„Lübeck kämpft“ wurde wieder entfacht. Wichtiges Kommunikationsmittel war und ist die Internetseite www.luebeck-kaempft.de, hier können immer noch alle möglichen Informationen und Ereignisse nachgelesen werden. Zum Beispiel die Fahrt nach Kiel am 16. Juni. 14 000 Studenten aus Flensburg, Kiel und Lübeck, Bürger, Hochschul- und UKSH Mitarbeiter zogen vom Kieler Bahnhof zum Landtag. Auch der Lübecker Sternenmarsch zum LN-Forum in St. Petri wird auf der Internetseite mit Bildern untermalt. Der Marsch ein wichtiger Baustein im Kampf um die Universität.

Dennis Boldt | StudentenPACK.

Landtagsabgeordnete in Kiel: „Ich hoffe zumindest, das alle Parteien aus diesem Sommer etwas gelernt haben.“

Im Juli dann die Lösung aus Berlin, im Hintergrund etwas kompliziert. Das Kieler Leibniz-Institut für Meereskunde soll in ein Institut der Helmholtz-Gemeinschaft umgewandelt werden, damit wird das Institut künftig durch 90 Prozent vom Bund getragen. Das Land finanziert das Institut zurzeit noch mit 50 Prozent. Hier knüpft vermutlich auch der Plan an, welcher vom Präsidium der Universität zu Lübeck ausgearbeitet wurde.In diesem Entwurf wurde aufgelistet, an welcher Stelle die Universität selber sparen kann und welche Umstrukturierungen dieses ermöglichen werden. Ganz vorne das Vorhaben, eine Stiftungsuniversität zu gründen und den Studiengang Medizin zu verkleinern. Leider fiel in diesem Zusammenhang auch das Wort Studiengebühren.

Diese Konzepte werden die Universität vielleicht sichern. Klar ist jedoch auch, dass die Universität durch diese Zeiten der Unruhe geschwächt wurde: Denn in einen labilen und umstrittenen Standort investiert man und dort bleibt man nicht. Umso ärgerlicher die Worte von Herrn Kubicki, Fraktionsvorsitzen- der der FDP im Kieler Landtag: „Die Universität stand nie auf der Kippe.“

Einen Standort so zu gefährden, nur weil man Kommunikationsschwierigkeiten hat, ist doch sehr fragwürdig. Unsicherheit bleibt, denn noch wurde keine offizielle Stellungnahme veröffentlicht. Die Liste der Haushaltsstrukturkommission steht scheinbar unverändert. Entschieden wird im Landtag im Dezember.

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