Vor sieben Jahren schließt sich Harvard Student Mark Zuckerberg für vier Wochen in seinem Zimmer ein und arbeitet an einer Website. Heute ist er der jüngste Milliardär der Welt. Mark Zuckerberg hat Facebook geschrieben, Vorbild für hunderte von Social Networking Seiten weltweit, wie auch StudiVZ, und mit 500 Millionen Nutzern die erfolgreichste Seite dieser Art. Facebook hat die Welt verändert, daran besteht kein Zweifel. Facebook hat auch die Menschen verändert, die Art und Weise wie sie kommunizieren und wie sie sich und ihre Umgebung verstehen.
Wir wissen heute, dass was wir tun auch das ist, was unser Status sagt, wer wir sind, steht auf unserer Profilseite, wen wir kennen, sieht man in unserer Freundesliste. Wir alle schaffen uns einen digitalen Botschafter, der uns auf Facebook und StudiVZ vertritt, der anständig genug für zukünftige Arbeitgeber, aber nicht langweilig für zukünftige Freunde wirken soll. Der genug über uns verrät, aber nicht zu viel. Wir alle tanzen auf dem Drahtseil, das Mark Zuckerberg gespannt hat.
Es ist ein Glücksfall, dass Autor Aaron Sorkin und Regisseur David Fincher verstanden haben, dass die Geschichte von Zuckerberg und Facebook mehr ist als die Geschichte einer cleveren Idee und so ist ihr Film „The Social Network“ die Geschichte von ungewollten Revolutionären auf der Suche nach Akzeptanz und Freundschaft und am allermeisten auf der Suche nach Ansehen. Dass es nicht wirklich die Geschichte von Mark Zuckerberg ist, ist dabei weniger wichtig, genauso wenig war „Citizen Cane“ die wahrheitsgetreue Geschichte von William Randolph Hearst, aber genau wie Orson Wells 1945 fragen Fincher und Sorkin nach einer Wahrheit, die wir alle für uns finden müssen, wenn die Welt und ihre Medien sich fundamental verändern.
„The Social Network“ ist der Gründungsmythos dieser neuen Zeit, er spielt mit der Wirklichkeit auf der Suche nach der Wahrheit. Wie in jedem Gründungsmythos hat auch das Zeitalter von Facebook einen Bösewicht und dieser ist Zuckerberg selbst. Jesse Eisenberg spielt Zuckerberg so kühl und doch so glaubhaft, dass man nie weiß, ob man ihm mit Hass oder Mitleid gegenüberstehen soll. Unzweifelhaft genial, oft unausstehlich, aber eben auch so allein und hilflos ist der Charakter gezeichnet. Auch die weiteren Schauspieler sind ein Glücksgriff. Zur allgemeinen Überraschung entpuppt sich Justin Timberlake, der den Napster Mitbegründer Sean Parker gibt, als ausgezeichneter Schauspieler.
Drehbuchautor Sorkin, selbst kein Freund des Internets, hat sich mit dem Film „Eine Frage der Ehre“ und der Fernsehserie „The West Wing“ einen Namen gemacht. Er ist bekannt für schnelle und fesselnde Dialoge und in „The Social Network“ macht er diesem Ruf alle Ehre. Selten konnte ein Film ohne jegliche Actionsequenz für zwei Stunden derart fesseln, selten kam so viel Spannung ausschließlich aus dem gesprochenen Wort.
Sorkins Abneigung, insbesondere gegen Blogger, und seine Vorliebe für Pathos hätten ein Problem werden können, wäre da nicht David Fincher: Der Regisseur von „Sieben“ und „Fight Club“ und ein Freund neuer Technologie lässt „The Social Network“ nie ins demagogische abgleiten und liefert seine beste Regiearbeit ab. Gemeinsam haben sie den ersten prägenden Film dieses Zeitalters des digitalen Ichs geschaffen und wenn man nach zwei Stunden aus dem Kino kommt und bei Facebook nachsieht, was die Freunde schreiben, dann fühlt es sich anders an, Teil dieses Zeitalters zu sein.

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