Die Bürger des Landes Schleswig-Holstein werden voraussichtlich im Mai 2010 wieder an die Wahlurne gebeten, um ein neues Landesparlament zu wählen. Mit der Wahl werden Entscheidungen über das Fortbestehen des jetzigen Bildungssystems getroffen. Die Studierendenschaften der Universitäten und Fachhochschulen Schleswig-Holsteins haben insbesondere ein Interesse an der Hochschulpolitik des Landes. Die Hochschulpolitik hat unmittelbaren Einfluss auf jeden Studierenden und jeden potentiellen Studierenden. Sie wirkt sich zudem durch die möglichen Leistungsträger von morgen auf den künftigen Werdegang dieses Landes aus. Wir, als die gewählten Vertreter der Studierendenschaft der Universität zu Lübeck, nehmen hiermit Stellung zur Hochschulpolitik, mit dem Fokus Studiengebühren.

Im Namen der Studierendenschaft der Universität zu Lübeck lehnen wir jede Form von Studiengebühren ab! Stattdessen fordern wir eine bessere staatliche Finanzierung der Lehre.

Wir sehen Bildung als öffentliches Gut an, das jedem unabhängig von sozialer Herkunft und finanziellen Mitteln zugänglich sein sollte.
Wie bereits eine OECD-Studie [1] gezeigt hat, sind in Deutschland Bildungserfolg und soziale Herkunft so eng miteinander verbunden wie in kaum einem anderen Industrieland der Erde. Studienwillige sollten ihre Entscheidung ohne Beachtung der finanziellen Lage ihrer Familie treffen können, um ihr Potenzial für sich und die Gesellschaft zu nutzen. Studiengebühren stellen zusätzliche Hürden dar und verstärken ein Auseinanderdriften der Gesellschaft.

Die jüngste Hochschulpolitik hat das Studium stark verändert. Durch die Einführung der Vollzeit-Studiengänge mit Abschluss Bachelor und Master ist das Arbeiten neben den Anforderungen des Studiums fast unmöglich, daher würden sich Studiengebühren direkt in der Leistung der Studierenden niederschlagen. Außerdem würde ehrenamtliches und soziales Engagement unter finanziellem Druck leiden.

Die Universitäten sind unterfinanziert. Die Studiengebühren könnten diese Unterfinanzierung nicht ausgleichen, insbesondere da zusätzliche Verwaltungskosten entstehen. Es ist vielmehr zu befürchten, dass die wenigen Mehreinnahmen aus Studiengebühren gleichzeitig durch Senkung der staatlichen Mittel oder durch stagnierende Finanzierung ohne Beachtung der Inflation dezimiert werden. Deutschland hat einen Fachkräfte- und Akademikermangel. Deutsche Leistungen zeichnen sich durch hohe Qualität und Erfindungsreichtum aus. In einer globalisierten Welt werden solche Eigenschaften immer wichtiger. Deutschland hat schon jetzt einen Fachkräftemangel. Dieser wird durch Abschreckung der Studienwilligen aufgrund von Gebühren noch verschärft, denn die Studierenden von heute sind die Fachkräfte und zahlungskräftigen Steuerzahler von morgen. Deutschland braucht gut ausgebildete Fachkräfte und Akademiker!

Die Arbeitslosenquote in Deutschland beträgt insgesamt mehr als 8 Prozent, während sie bei Akademikern weniger als 4 Prozent ausmacht [2]. Akademiker bekommen höchstwahrscheinlich einen Arbeitsplatz, zudem schaffen sie durch ihre Innovationskraft Arbeitsplätze in Deutschland. Bleiben Fachkräfte aus, besteht die Gefahr, dass Firmen abwandern.

Schon jetzt studieren laut OECD-Studie “Bildung auf einen Blick 2008” zu wenig Studienberechtigte eines Jahrgangs. Im Vergleich mit allen anderen OECD-Ländern entscheiden sich nur noch in Belgien, Mexiko und der Türkei prozentual weniger Jugendliche eines Jahrgangs für ein Studium. Durch die zusätzliche Hürde “Studiengebühren” werden noch weniger Jugendliche den Weg zu einem Studium finden.

Quellen

[1] Bildung auf einen Blick 2007
[2] Bundesagentur für Arbeit Statistik

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