Ein reißender Strom.

[media-credit name="freerangestock.com" align="aligncenter" width="645"] Ein reißender Strom.

In „den Medien“ wird viel über Filesharing berichtet, also das Austauschen von Dateien, und darüber, dass dabei Rechte verletzt werden können. Diese Behauptung ist zwar richtig, aber so sinnvoll wie die Aussage, dass Autofahrer zu schnell fahren können.

Filesharing verfolgt das Ziel, eine Datei (etwa den letzten Urlaubsfilm) an alle Interessierten zu verteilen (etwa alle Verwandten und Freunde). Das Problem dabei: Der Film ist vielleicht so lang, dass er eine ganze DVD füllt. Eine Datei dieser Größe auch nur ein einziges Mal an einen Bekannten zu verschicken, dauert mit einem üblichen DSL-Anschluss etwa einen Tag. Auch per E-Mail besteht dieses Problem und zusätzlich streikt nach einer gewissen Menge an Daten das Postfach.

Eine einfache Lösung wäre es, wenn jeder ein wenig mithilft: Nachdem einer – nennen wir ihn Stefan – den ersten Teil erhalten hat, kann er diesen schon an den nächsten – etwa Andrea – weitergeben, während er gleichzeitig den zweiten Teil erhält.

Genau das ist das Grundprinzip von BitTorrent, einem der Protokolle für Filesharing. Protokoll heißt es deswegen, weil es eine Gesprächsgrundlage und -abfolge definiert, in der sich die Computer unterhalten. Zusätzlich sichert das Protokoll, dass die ankommenden Teile nicht verändert wurden und dass sich alle, die die Datei haben wollen und sollen, gegenseitig finden. Der Name „BitTorrent“ setzt sich zusammen aus dem Wort Bit, welches die kleinste Speichereinheit auf dem Computer ist und die Werte 0 oder 1 annehmen kann, und dem Wort Torrent, englisch für einen reißenden Strom; zusammen also ein reißender Datenfluß, der auf die Festplatte strömt.

Wie funktioniert das nun, wenn man es mal praktisch nutzen möchte? Zunächst einmal braucht jeder Teilnehmer einen BitTorrentClient (in den Links sind einige aufgeführt). Dieser Client ist das Programm, das die Unterhaltung zwischen den Computern durchführt.

Zu Beginn erstellt man aus dem Urlaubsfilm, der auf der eigenen Festplatte ist, mit Hilfe dieses Clients eine „Torrent-Datei“. Diese kleine Datei kann man sich als eine Fahrkarte vorstellen, auf der die wichtigsten Informationen stehen – ein Name und vielleicht ein Kommentar dazu. Außerdem noch eine Anzahl Teilstücke und ein wenig technisches Zeug, welches nachher prüft, dass die Datei auch richtig beim Empfänger angekommen ist (sogenannte Prüfsummen). Außerdem wird bei der Erstellung nach einem „Tracker“ gefragt. Das ist ein Computer im Internet, der als Mitfahrzentrale dient. Die Mitfahrzentrale vermittelt die Gespräche zwischen den Computern. Die TorrentDatei, also die Fahrkarte, enthält somit die notwendigen Informationen, um an den Urlaubsfilm zu kommen.

Die Torrent-Datei oder Fahrkarte ist nun so klein, dass sie ohne Probleme per E-Mail als Anhang versandt werden kann. Damit kann man also alle Freunde, Bekannte und sonstige Empfänger des Filmes benachrichtigen. Im Internet gibt es auch ein paar öffentliche Verzeichnisse (etwa Piratebay oder Mininova) für den Fall, dass die Datei, die man verteilen möchte, jedem zugänglich sein soll. Solche Dateien wären etwa die Aufzeichnung einer interessanten Vorlesung, neuste Versionen des Betriebssystems Linux oder ähnliches, das man verbreiten darf.

Jeder, der eine Fahrkarte erhalten hat, kann diese in seinem BitTorrent-Client hinzufügen. Im Falle der E-Mail-Verbreitung ist also sichergestellt, dass nur diejenigen den Urlaubsfilm erhalten, die ihn auch erhalten sollen.

Nehmen wir an, der erste Empfänger, Stefan, hat nun die Fahrkarte in seinem Client geöffnet (das funktioniert ähnlich einfach wie das Öffnen eines PDFs). Sein Client liest zuerst die Adresse des Trackers. Stefan erfährt, dass der Sender den Urlaubsfilm hat und fragt bei dessen Client direkt nach. Dieser antwortet, dass er die Datei vollständig hat und sendet Stefan kurz danach schon die ersten Szenen des Films. Ist ein Teilstück (neudeutsch: Chunk) fertig, wird es darauf kontrolliert, ob es auch korrekt angekommen ist. Damit wird verhindert, dass Stefan nachher Fehler im Film hat.

Hat Stefan ein Teilstück vollständig erhalten, kann Andrea das auch von ihm laden, anstatt von vom ursprünglichen Sender. So hilft jeder ein wenig bei der Verteilung mit. Im Optimalfall lädt der Sender den gesamten Film nur ein einziges Mal komplett hoch und unter den anderen findet die Organisation so statt, dass jeder den Film vollständig erhält.

Der große Vorteil ist also, dass man Dateien an Freunde verteilen kann, ohne dass die eigene Internetleitung wochenlang belegt ist. Neuere Ansätze schaffen das auch schon ohne die Mitfahrzentrale, was allerdings etwas komplizierter ist.

Natürlich lassen sich auf diesem Wege auch illegale Kopien von DVDs verbreiten, was mancherorts umfangreich angeprangert wird. An einigen Stellen wird auch versucht, dies rechtlich zu verfolgen. Es lässt sich nur schwierig Beweismaterial sammeln, aber es ist möglich. Gegen einige Beobachtungsmöglichkeiten gibt s auch wieder Gegenmaßnahmen, die aber schon einiges an Fachwissen voraussetzen.

Meiner Meinung nach lässt sich neben dieser ganzen Diskussion um rechtlich gechütztes Material Filesharing im privaten Bereich – wo legal eigene Daten verteilt werden – hervorragend nutzen.

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