An dieser Stelle wollen wir ab jetzt in regelmäßigen Abständen versuchen, mit interessanten Firmen in Kontakt zu treten, um ein Bild “von draußen” in den Uni-Alltag zu transportieren. Es sollen Eindrücke vom kommenden Berufsalltag und den auf uns zu kommenden Anforderungen eingefangen werden. Den Anfang macht die Firma Bull AG, von der uns Herr Mosel aus der Personalabteilung Rede und Antwort gestanden hat.

MUFtI: Herr Mosel, ist die Universität ein Goldkäfig?

Mosel: Wir haben in den letzten 18 Monaten 60 Leute eingestellt, die alle von den Univeritäten und Hochschulen kamen. Und ich muß sagen, wir führen dazu Assessments durch, das heißt so ein-Tages-Veranstaltungen, wo wir uns gegenseitig kennenlernen, sowohl die Kandidaten uns als auch wir die Kandidaten. Und wir haben damit nur gute Erfahrungen gemacht.

MUFtI: Also, die universitäre Lehre in der Informatik ist kein Goldkäfig sondern praxisorientiert.

Mosel: Moment. Es ist generell zu sagen, daß wir die Leute auch so aussuchen. Um das noch ein bischen zu erweitern: Wir suchen nicht nur Informatiker, wir suchen in unseren Annoncen auch Mathematiker, Physiker, Informatiker, Betriebswirte, Nachrichtentechniker. Am wenigsten melden sich Informatiker. Also, wenn Sie jetzt auf Informatik schließen wollen… Von den Zuschriften sind 50, vielleicht sogar 60 Prozent Physiker, davon sind noch mal die Hälfte promovierte Physiker, und dann haben wir 20% Mathematiker und vielleicht 10% Informatiker.

MUFtI: So gesehen ist also der universitäre Abschluß unabhängig von der Fachrichtung, oder sagen wir, das Ingeniers- oder Naturwissenschaftliche Studium ausschlaggebend für Ihre Suche?

Mosel: Ich verstehe nicht ganz. Was ist jetzt daran ungewöhnlich?

MUFtI: Na ja, Sie suchen ja Applikationsentwickler, Netzwerkspezialisten, Datenbankadministratoren usw., das sind ja eher Stellen, die von Informatikern besetzt werden.

Mosel: Ach so. Dazu wollen wir sie ja erst noch machen. Das heißt, die melden sich bei uns und sagen, ich wollte schon immer mal Applikations-Ingenieur sein und sehe bei Ihnen eine gute Chance, das zu werden. Nur, wir wollen im Vorfeld schon mal herausfinden, wo gehen die Neigungen hin.

MUFtI: Daher kommt auch der einjährige Ausbildungszyklus in Ihrem Hause?

Mosel: So ist es.

MUFtI: Das Ingenieur- oder Naturwissenschaftliche Studium ist also für Sie die Qualifikation um zu sagen: Die können wir weiter Ausbilden.

Mosel: Ja. Vor zehn Jahren noch haben wir nur von der EDV völlig unbeleckte Leute eingestellt, heute ist EDV-Wissen zwar nicht zwingende Voraussetzung, aber schon dringend erwünscht. Insofern kommen auch Betriebswirte und Mathematiker in Frage, nicht nur Informatiker, die das schon im Studium gelernt haben. Sondern da hat jeder schon eine Studien- oder Diplomarbeit mit PC, mit Programmierung irgendwie begleitet. Das abgeschlossene Hochschulstudium und der Nachweis von EDV-Kenntnissen, das ist die Qualifikation. Und unser Assessment mit Gruppengesprächen und kleinen Tests.

MUFtI: Eine letzte Frage. Wenn sich ein Informatiker mit gutem Diplom und fundiertem Fachwissen bei Ihnen bewirbt, und Sie hätten noch drei Wünsche frei, wie Ihr Kandidat sein soll. Was währen dann diese drei Wünsche?

Mosel: Noch drei Sachen? Wüßte ich nicht genau, was wir uns wünschen würden. Fünf Jahre Projekterfahrung im Software-Ingeneering, das geht ja alles nicht, bei Absolventen.

MUFtI: Gibt es also nichts, was Sie schmerzlich vermissen?

Mosel: Nein… Wenn wir da hinschrieben “Einjähriger Ausbildungszyklus” dann beinhalteet das Training-on-the-job, Projektarbeit. Und was wir hören aus den Projekten: Die sind alle zufrieden. Und wir können ja nicht verlangen, daß jemand Erfahrung hat in Großprojekten. Wie kann ein Universitätsabsolvent sagen, er hat das? Woher könnte das sein? Es ist ganz klar was wir eigentlich suchen: Teamleiter, Projektleiter. Das kann man noch sagen: Alle, die wir hier einstellen, das ist vielleich noch eine wichtige Voraussetzung, die betrachten wir unter dem Gesichtspunkt, daß sie in drei Jahren Teamleiter sein werden. Das versuchen wir im Assessment herauszufinden.

MUFtI: Also Führungsqualitäten.

Mosel: Genau.

MUFtI: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Stefan M. Krampe

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